Alibi-Veranstaltung zum "Reförmchen"

Wie wird sich die kommunale Landschaft verändern und wie sinnvoll sind die Bürgerkongresse? Antworten auf diese Fragen wollte der TV von den Bürgermeistern aus dem Landkreis Bernkastel-Wittlich haben. Nicht alle reagierten.

Wittlich. Sieben Verbandsgemeinden, eine verbandsfreie Stadt und eine Einheitsgemeinde gibt es im Landkreis Bernkastel-Wittlich. Möglicherweise ändert sich etwas an dieser Zahl, wenn die Landesregierung die geplante Kommunalreform umsetzt. Dieser Reform sehen diejenigen Bürgermeister, die auf die Bitte um Beantwortung von Fragen reagierten, gelassen entgegen.Wolfgang Schmitz (CDU), Verbandsgemeinde Manderscheid: "Die Verwaltungslandkarte wird in zehn Jahren nur unwesentlich anders aussehen als heute." Es werde aber eine geringere Zahl von Landkreisen und Verbandsgemeinden geben. "Ob die sehr große Zahl von (kleinen) Ortsgemeinden in der jetzigen Form erhalten werden müssen, sollte überdacht werden", sagt Schmitz. Er hält sowohl die Bürgerkongresse als auch die Regionalkonferenzen für Alibiveranstaltungen mit geringer Aussagekraft.Ralf Bußmer (FDP), Stadt Wittlich: "Die Verwaltungslandkarte wird sich meines Erachtens in ihrer rheinland-pfälzischen Kleingliedrigkeit und mit zu vielen Verwaltungsebenen in der nächsten Dekade kaum verändern." Starke Partikularinteressen und fehlender politischer Mut im Land stünden einer nachhaltigen Neuorganisation überholter Kommunalstrukturen entgegen. Für Bußmer ist Voraussetzung für eine effektivere Verwaltung, dass eine überfällige europäisch orientierte Reform der Ausbildung und Laufbahnen mit unverzüglicher Einführung einheitlicher Bachelor- und Masterstudiengänge für Angestellte und Beamte sowie einer Managementausbildung für potenzielle Führungskräfte in Verwaltungen umgesetzt wird. "Nur wenn sich dieser alles entscheidende ,Human-Ressources-Input' ändert, wird der Geist einer virulenten preußischen Ausrichtung von ökonomisch vernünftigen und effektiv wirkenden Prozessen langsam verdrängt werden." Wittlichs Bürgermeister sagt über die Bürgerkongresse, dass diese nur sinnvoll sind, "um den Bürgern ein Gefühl der Beteiligung zu geben. Ob sie inhaltlich gewertet werden, ist bei dem nicht erkennbaren professionellen Projektmanagement meines Erachtens zweifelhaft."Hans-Dieter Dellwo, Verbandsgemeinde Thalfang, sagt, dass es im "Interesse des Allgemeinwohls unstrittig ist, dass ein Reformbedarf im Bereich der kommunalen und staatlichen Aufgabenerledigungen besteht." Zunächst müssten alle Selbstverwaltungsaufgaben überprüft werden. Ob anschließend eine Gebietsreform sinnvoll sei, müsse anschließend entschieden werden. Dellwo begrüßt und hält es für sinnvoll, die Bürger "im jetzigen Stadium an der Reformdiskussion umfassend" zu beteiligen.Ulrich K. Weisgerber (CDU), Verbandsgemeinde Traben-Trarbach, geht davon aus, dass es in Rheinland-Pfalz auch in zehn Jahren noch Ortsgemeinden, Verbandsgemeinden und Landkreise geben wird. "Allerdings gehe ich davon aus, dass die Gebietszuschnitte der Verbandsgemeinden und Landkreise moderat verändert werden." Weisgerber hält wirtschaftliche Verwaltungsgrößen für erforderlich. Als Zielgröße nennt er Verbandsgemeinden mit 15 000 Einwohnern. Der Bürgermeister hält die Bürgerkongresse für "wichtig für die Politik, um eine Meinungsbild der Bevölkerung zu dieser Thematik zu erhalten."Ulf Hangert (CDU), Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues, glaubt, dass es weiter Kreise, Verbandsgemeinden, und Ortsgemeinden gibt, dass sie unverzichtbare Bestandteile eines lebendigen kommunalen Lebens sind. Er plädiert dafür, die Zuständigkeiten und die Aufgabenverteilung zwischen den Verwaltungsebenen zu verändern. Seiner Meinung nach sind die Bürgerkongresse wenig sinnvoll, "weil die Gefahr besteht, dass es mehr um Emotionen und subjektive Empfindungen geht als um harte Fakten."Christiane Horsch (CDU), Verbandsgemeinde Neumagen-Dhron, sagt, dass "die jetzige Diskussion um eine Reform lediglich auf eine Verwaltungsreform (besser ,Reförmchen') eingeengt diskutiert wird." Das Thema Gebietsreform sowie der Erhalt der Mittelinstanzen mit ihren Aufgaben sei sakrosankt, so dass sich in den kommenden zehn Jahren nicht viel ändern wird. Kleine und große Verwaltungen könnten nur dann bürgernah, effektiv und ökonomisch handeln, wenn ein radikaler Bürokratieabbau von oben erfolgt und zahlreiche Verordnungen und Vorschriften verschwinden. Nicht viel werde laut Horsch bei den Bürgerkongressen herauskommen. Dies sei schon durch die Fragestellung vorgegeben. Bürgermeister Gregor Eibes (CDU, Morbach) weilt derzeit auf einer Dienstreise. Christoph Holkenbrink (CDU, Wittlich-Land) und Otto-Maria Bastgen (CDU, Kröv-Bausendorf) ließen die Fragen unbeantwortet.

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