Als Zell den Atem anhielt

ZELL/TRABEN-TRARBACH. 35 Jahre ist es her, dass in Rheinland-Pfalz die große Gebiets-Verwaltungsreform für heftige Diskussionen sorgte. Besonders dramatisch verlief die Debatte in Zell. Der Kreis Zell sollte aufgelöst werden, was später ja auch geschah. In Traben-Trarbach sah man alles eher gelassen. Vorher zu Zell gehörend, und jetzt zu Bernkastel-Wittlich, sahen die Traben-Trarbacher keine gravierenden Nachteile.

Ein Sturm ging durch das Zeller Land, als Anfang 1965 durchsickerte, dass der Landkreis der Zeller zerschlagen werden sollte. Der Kreis Zell gehörte damals zu den Kreisen im Land, die am wenigsten stark verschuldet waren und zählte wegen seiner hohen Realsteuerkraft unter insgesamt 39 Kreisen zu den sieben wirtschaftlich gesündesten im Land. Von Senheim bis Traben-Trarbach reichte das Gebiet, es umfasste Teile des Hunsrücks von Mastershausen bis Sohren. Entscheidender Nachteil aber: Mit nur 36 000 Einwohnern war der Kreis Zell sehr klein. Die Zahl der Einwohner pro Landkreis sollte nach der Reform zwischen 50 000 und 150 000 liegen. Alle politischen Parteien im Kreis Zell protestierten aufs Schärfste gegen die beabsichtigte Zerschlagung. "Treueste CDU-Anhänger empörten sich ob so viel angehäufter sachlicher Unkenntnis und politischer Unklugheit", heißt es in einem Zeitungsbericht von damals. Man dachte über eine Verfassungsklage nach, es gab Sondersitzungen des Kreistages, unzählige Resolutionen wurden verfasst. 200 Bedienstete würden bei einer Kreisauflösung ihren Arbeitsplatz verlieren, so die Kritiker. Auch die Winzer meldeten sich wütend zu Wort. Wenn nämlich der Kreis Zell dem Kreis Cochem einverleibt werden sollte, so bedeute dies einen unübersehbaren Nachteil für die Winzer. Es bestehe nämlich die Gefahr, dass dann auch ihre Weinberge als zur Untermosel gehörend angesehen würden. Drastisch nahmen sich die Karnevalisten auf den Umzügen des Themas an. Schmunzelnd melkten die Nachbarkreise die fette Kuh, den finanzstarken Kreis Zell. Und in Traben-Trarbach? Man war zusammen mit der Stadt Zell das zweite Zentrum in diesem Kreis, und hatte bedeutendes Gewicht. Man war sich auch bewusst, dass man in einem Kreis Bernkastel-Wittlich gegenüber den Städten Wittlich und Bernkastel einen schweren Stand haben würde und womöglich an Einfluss verlieren könnte. Man hoffte im Zuge der Reform kurzzeitig sogar auf eine bedeutende Aufwertung. Der damalige Traben-Trarbacher Stadtbürgermeister Gerrit Spalink legte für seine Wählergruppe im Kreistag eine eigene Konzeption vor, die eines Mittelmoselkreises. Die vorgeschlagene Reform sei sinnlos, sie bleibe auf halbem Wege stehen, so die Argumentation. Doch das waren nur Randnotizen, und viel wichtiger war schließlich die Frage, wie die Verbandsgemeinde aussehen sollte. Traben-Trarbach war immer ein eigenes Amt, und nun gab es Pläne, eine Verbandsgemeinde von Erden bis Reil zu formen. Weder die Kröver noch die Traben-Trarbacher waren davon begeistert. Zu der Zeit war Traben-Trarbach eine Hochburg der FDP und auch Stadtbürgermeister Spalink war ein FDP-Mann. Man munkelt, dass Spalink seine FDP-Kontakte nach Mainz genutzt habe, um eine "kleine Lösung" durchzusetzen, und zwar eine Verbandsgemeinde mit nur sechs Gemeinden. In Mainz hatte man dagegen wohl Bedenken, denn es war nicht vorgesehen, dass in der Sitzgemeinde mehr als 50 Prozent der Bevölkerung leben sollte. Vor allem in Enkirch und Burg befürchtete man, vom "großen" Traben-Trarbach erdrückt zu werden. Es stellte sich aber schnell heraus, dass diese Befürchtungen nicht eintrafen. Und heute? Eine Verschmelzung der Verbandsgemeinden Traben-Trarbach und Kröv-Bausendorf könnte durchaus wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden. Die Bevölkerung hätte damit vermutlich weniger Probleme damit, als manch ein Bürgermeister.

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