Als in Wittlich noch Wüste war

BERNKASTEL-KUES. (mai) Ungeahnte Einblicke: 136 Geologen und Interessierte befassen sich eine ganze Woche lang mit der Geologie der Region.

Wie können tote Steine so interessant sein, dass sich 136 Menschen auf einer Tagung eine ganze Woche lang von morgens bis abends damit befassen? Professor Harald Ehses, Organisator der Tagung des Oberrheinischen Geologischen Vereins im Bernkastel-Kueser Weinmuseum, hat keine Probleme, eine Erklärung zu finden.Der Mensch als Leitfossil?

Voller Begeisterung erklärt der Direktor des Landesamtes für Geologie und Bergbau, was die tote Materie alles verraten kann: "Die gesamte Erdgeschichte lässt sich in den Steinen ablesen. Da kann man für sich selbst etwas lernen. Betrachtet man das Aussterben der vielen Arten, kommt man auf die Idee, dass auch der Mensch irgendwann ein Leitfossil für eine Epoche sein wird." Ganz so tiefgründig geht es beim 125 Jahre alten Oberrheinischen Geologischen Verein nicht immer zu. Der Verein, der jährlich tagt, hat es sich zum Ziel gesetzt, die regionale Geologie in den Vordergrund zu stellen - und das nicht nur am Oberrhein. Die Tagungen, die von Spezialisten - viele haben an Unis geforscht - besucht werden, haben auch schon in Thüringen stattgefunden. "Das westliche Rheinland-Pfalz ist für uns besonders interessant", sagt Ehses und zählt die Besonderheiten auf: die Vulkaneifel, die als Landschaftstyp einmalig ist in Mitteleuropa, die Mittelgebirge Hunsrück und Eifel und die Trierer Bucht mit rotem Sandstein. Der Tagungsort Bernkastel-Kues sei ausgewählt worden, wegen der zentralen Lage, der guten gastronomischen Versorgung und dem schönen Tagungsort, so der gebürtige Kinheimer. Dem Verein geht es auch darum, deutlich zu machen, dass die Geologie nicht etwa eine Disziplin ist, mit der sich wirre Forscher befassen, sondern dass auf ihr wichtige angewandte Wissenschaften aufbauen. So befasst sich die Ingenieur-Geologie beispielsweise mit der Frage, wie Straßen vor Felsrutsch und Einbrüchen durch Abbau geschützt werden. In der Hydro-Geologie geht es darum, Grundwasser zu finden und zu schützen. Es darf nur so viel gefördert werden wie nachkommt. Auch der Rohstoffabbau hat mit Geologie zu tun und spielt in der Region eine Rolle. Bei Ürzig wird beispielsweise Kies abgebaut, in Mayen, das ein Exkursionsziel der Tagung ist, Moselschiefer. Ehses: "Der Moselschiefer ist ein Markenbegriff und muss nicht unbedingt an der Mosel gefunden sein. Die Marke ist marktführend in Mitteleuropa." Wichtig sei der Schiefer als Wärmespeicher und Mineralspender auch für den Wein. Das Mosel-Anbaugebiet sei einmalig. Wichtig ist dem Verein zudem der Geotourismus. So drehte sich der öffentliche Vortrag der Tagung um das Eckfelder Maar mit seinen einzigartigen Fossilien, die im Maarmuseum ausgestellt sind. Am Samstag werden sich die Geologen aufmachen zu einer Exkursion in die Wittlicher Senke. Auch hier fällt Ehses eine Menge Interessantes ein. Noch heute werde am Tabakanbau deutlich, dass das Klima wärmer sei als drumherum. Der rote Untergrund, in diesem Fall Sand-Schluffstein, deute daraufhin, dass hier vor etwa 350 Millionen Jahren eine Wüste vergleichbar dem Death Valley in den USA war. Damals habe sich die Gegend in der Nähe des Äquators befunden. Der Laie wundert sich. Tatsächlich, die Geologie scheint gar nicht so unspannend zu sein. Mehr Infos im Buch "Steinland-Pfalz", Verlag Philipp von Zabern. sim

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