Alte Schrift hat neue Freunde - "Sütterlin" soll wieder aufleben

"Sütterlin darf nicht sterben", so lautete 2007 ein Zeitungsbericht im Trierischen Volksfreund. Der Artikel und der darauf folgende Aufruf zu einem Übersetzungs-Wettbewerb mit Texten aus einem Lesebuch und einem Poesiealbum löste eine Welle der Begeisterung und eine Riesenmenge an Zuschriften aus. Eindrucksvoller konnte der Beweis nicht sein, dass die alte Schrift noch lebendig ist und viele Liebhaber hat. Christine Tillmann bietet nun gemeinsam mit der Akademie Kues ein Sütterlin-Projekt an. Dreizehn interessierte Frauen und Männer kamen zum ersten Treffen.

 Sie sind neugierig auf Sütterlin: Ob neu erlernen oder wieder einsteigen – die Frauen und Männer wollen die „Schulbank drücken“ und sich in geselliger Runde mit der alten Schrift beschäftigen. TV-Foto: Marita Blahak

Sie sind neugierig auf Sütterlin: Ob neu erlernen oder wieder einsteigen – die Frauen und Männer wollen die „Schulbank drücken“ und sich in geselliger Runde mit der alten Schrift beschäftigen. TV-Foto: Marita Blahak

Bernkastel-Kues. (mbl) Akademieleiterin Theresa Spies zeigte sich erfreut über die Resonanz und dankte Christine Tillmann für ihre Bereitschaft, das Projekt zu leiten. Wer kennt sie noch, diese alte Schrift? Wer liest sie noch, wer kann sie noch schreiben? Was hat die Gruppe bewogen, zum ersten Sütterlin-Treffen zu kommen? Fragen, die die Teilnehmer ganz unterschiedlich beantworteten, denn ganz unterschiedlich sind auch die Voraussetzungen und Erwartungen, die die Frauen und Männer im mittleren bis fortgeschrittenen Alter mitbrachten. "Ich habe die Schrift noch in den ersten beiden Schuljahren gelernt", bekennt sich Gerhard Walther aus Morbach zu seiner Neugierde, es wieder zu versuchen. Karin Groß kennt die Schrift (noch) nicht, ist aber begierig, in "Heftchen" ihres Großvaters schmökern zu können. Leo Kolz aus Longkamp will in Übung bleiben, "damit man auch noch alte Urkunden und Akten aus früheren Zeiten lesen kann". Ihre Sütterlin-Kenntnisse auffrischen wollen auch die Kueserin Waltrud Will-Feld und Anne Vogt aus Reil. Anne Heß aus Andel ist auf Briefe ihres Vaters gestoßen und würde sie gerne lesen können. Lesen kann Roswitha Sahler die Schrift noch ganz gut, aber beim Schreiben hapert es ein wenig. Wie Marianne Schmidt will sie das aufbessern. "Sütterlin ist ein wichtiger Lebensabschnitt von uns selbst", bemerkt Erika Lufen aus Maring. Auch für Marlene Kreß aus Reil bedeutet es sehr viel, sich in Sütterlin zu vertiefen. "Dann könnte ich endlich in alter Korrespondenz etwas über meinen im Krieg gefallenen Vater erfahren."Einen Wunsch haben alle gemeinsam: Sie wollen wieder die Schulbank drücken und Buchstaben für Buchstaben die alte Schreibschrift neu oder auch wieder erlernen. Und auf einmal gehen die Stimmen durcheinander, hat jeder etwas zu erzählen: "Weißt du noch...?" Das Thema hat alle gepackt, denn "Sütterlin darf nicht sterben", darin sind sich alle einig.Wer hat Lust, mitzumachen? Die Gruppe freut sich über weitere interessierte Teilnehmer - auch junge sind sehr willkommen. Einmal im Monat ist ein Treffen in der Akademie Kues geplant, nächster Termin ist am Donnerstag, 10. April, um 15 Uhr.Extra Sütterlin: Die 1911 im Auftrag des preußischen Kultusministeriums vom Grafiker und Pädagogen Ludwig Sütterlin entwickelte Schrift war von 1935 bis 1941 deutsche Schulschrift.

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