Alter Vogel erobert die Lüfte

TRABEN-TRARBACH. Stolze 45 Jahre hat sie auf den Tragflächen, und ihre Heimat ist seit 1970 der Mont Royal. In dem Jahr erwarb der Deutsch-Amerikanische Segelflugclub (DASC) die "Rhönlerche", an der Generationen von Segelflugschülern ausgebildet wurden.

Am 19. Oktober 1999 absolvierte sie ihren letzten Flug. Der Segelflieger war nicht mehr einsatzfähig, urteilten die Fachleute vom Tüv. Mit der Werknummer 557 hatte das Flugzeug unter dem Namen "Rhönlerche II" 1959 die Schleicher Segelflugzeugbau GmbH in Poppenhausen/Wasserkuppe verlassen. Für 3500 Mark erwarb der DASC den Flieger am 18. Juli 1970, und nach der Ausmusterung führte er ein Schattendasein im Hangar. Doch der gelernte Flugzeug-Mechaniker Horst Dahlke aus Traben-Trarbach, der 1954 als 24-Jähriger zu den Gründungsmitgliedern des DASC gehörte, nahm sich der müden und nicht mehr flugtauglichen Lerche an (der TV berichtete) und restaurierte sie in 1000 Arbeitsstunden. Unterstützt wurde er von den DASC-Mitgliedern Gisela Mitscher und Bruno Krüger. "Die meiste Zeit haben wir zu zweit daran gearbeitet", erinnert sich Gisela Mitscher, die manchmal schon daran gezweifelt hatte, dass die "Lerche" jemals wieder fliegen würde. "Sie bestand nur noch aus Schrott und war völlig aufgelöst", sagt sie. Viel Zeit und noch mehr Geduld investierten die Flugbegeisterten in die Wiederherstellung des Fliegers, der 230 Kilogramm auf die Waage bringt, sieben Meter lang ist und eine Spannweite von 13 Metern hat. Nun endlich ist es soweit. Auf dem Flugplatz wienern Gisela Mitscher, Horst Dahlke und Victor Nill die Flügel, damit die "Lerche" ihren Werkstattflug blitzblank antreten kann. "Vor genau 32 Jahren machte ich meinen ersten Flug mit diesem Flugzeug, und Horst Dahlke war mein Lehrer", erinnert sich Victor Nill aus Lötzbeuren. Günter Follmann aus Landscheid, Prüfer für Luftfahrtgeräte, Segel- und Motorflieger, hat in den Monaten zuvor stets nach bestimmten Bauabschnitten den Segelflieger begutachtet und vor vier Wochen die Endabnahme vorgenommen.Zu schade zum Fliegen

"Der Prüfer meinte, das Flugzeug sei viel zu schade zum Fliegen", lacht Dahlke, dem nun die Schmetterlinge im Bauch tanzen. Denn gleich wird er die "Rhönlerche", an deren Restaurierung er den Hauptanteil leistete, durch die Lüfte lenken. Das Bundesluftfahrtamt in Braunschweig hat eine vorläufige Verkehrszulassung für das Flugzeug erteilt, das ihm Probeflüge gestattet. Wenn Günter Follmann nun nichts zu beanstanden hat, schickt Braunschweig die endgültige Zulassung. Erst dann dürfen auch wieder Schüler und Fluggäste mit der "Rhönlerche" abheben. Inzwischen steht der Vogel auf der Piste, Dahlke sitzt im Cockpit. "Jetzt bin ich ganz ruhig", sagt er und nimmt Funkkontakt mit dem Tower auf. Konzentriert richtet er seine Blicke auf den Motorflieger vor ihm, die Morane, die ihn gleich in die Höhe schleppen wird. Gisela Mitscher schließt die Cockpithaube, die Morane wirft die Motoren an und schon "hoppelt" die "Rhönlerche" über die Piste, um dann elegant in die Luft zu steigen. Die Bespannung der Tragflächen wurde mit Klarlack behandelt, nun wirken sie transparent vor dem blauen Himmel, und die Begeisterung am Boden wächst. Immer wieder kreist Horst Dahlke über dem Flugplatz, bis er nach 21 Minuten landet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort