Altes Haus voll junger Menschen

NIEDERSCHEIDWEILER. Ein altes Haus als Jugendraum: Das riecht nach Arbeit. Doch wenn – wie in Niederscheidweiler – unter den Jugendlichen viele Handwerksberufe vertreten sind, kann das reibungslos von statten gehen.

Am Samstag haben sie die neue alte Couch in Traben-Trarbach abgeholt: für nur einen Euro bei Ebay ersteigert, erzählen die jungen Leute stolz. Und auch sonst sind die, die sich um den Jugendraum in Niederscheidweiler kümmern, nicht auf den Kopf gefallen. Was auch immer an Arbeiten im Haus in der Dorfmitte anfällt, erledigen sie selbst. "In den Reihen unserer Jugendlichen sind praktisch alle Gewerke vertreten", freut sich Bürgermeisterin Inge Sliwka.Auch die Oberscheidweilerer sind willkommen

Von außen lädt ein weiß gestrichenes Haus mit blauen Fenstern gleich bei der Bushaltestelle zum Eintreten ein: Zu Silvester, Weihnachten, Fastnacht, Halloween und an den Geburtstagen sitzen, tanzen und lachen sie hier gemeinsam. Außerdem treffen sie sich an allen Wochenenden. "Ich bin froh, dass ich nicht immer nur zu Hause sitzen muss", sagt Svenja Schneider. "Wie langweilig!" Marco Schneider ergänzt: "Woanders müssten wir Geld ausgeben, hier geht es ohne." Markus Rach vertritt die Oberscheidweilerer, die seit der ersten Satzung ausdrücklich willkommen sind. "Sonst müssten wir immer woanders hinfahren." In der vergangenen Wochen und Monaten waren die jungen Leute besonders fleißig: Den Teppich aus dem großen Raum haben sie gereinigt und weitgehend sogar trocken bekommen - am ersten sonnigen Frühjahrswochenende muss er noch mal zum Nachtrocknen auf die Stange. Im "Kneipenraum" nebenan haben sie den Teppich entsorgt und den Holzboden, der darunter hervorkam, professionell abgeschliffen und lackiert. Die Gemeinde zahlte, wie schon bei den vorangegangenen Küchen- und Badezimmerrenovierungen, das Arbeitsmaterial; Arbeitskraft und Know-how kommen von den Nutzern des Jugendraumes selbst. Rund 500 Euro jährlich kostet den Ort der beliebte Jugendtreff. Damit ist Niederscheidweiler seit 1999 gut gefahren. Damals hatte man äußerst preisgünstig das zentral im Dorf gelegene alte Haus gekauft. Zu vermieten war es nicht, erzählt Sliwka, und für eine Rundum-Renovierung war kein Geld da. Damals bot der Rat seinen Jugendlichen, die sich bis dahin hinter dem Bürgerhaus getroffen hatten, die Räume als Treffpunkt an. Die Hausordnung wurde gemeinsam entworfen, und durch den Verantwortungsplan, aus dem jeder jederzeit entnehmen kann, bei wem der Schlüssel gerade abzuholen ist, sind auch die Eltern eingebunden. Dass ihr Nachwuchs im Dorf bleibt und nicht "in der Weltgeschichte rumfliegt", gefällt allen - logisch. Dass man manchmal auch etwas von den Jugendlichen hört, ist auch logisch. Jedoch scheinen die sich zurückzuhalten. "In all den Jahren hat mich nicht eine einzige Beschwerde erreicht", freut sich Sliwka. Das ehre die jungen Leute, aber ganz bestimmt auch die direkte Nachbarschaft des Jugendraums, der eigentlich ein ganzes Haus ist. Eines ist ganz klar: Hier wird keiner mit Alkohol abgefüllt. Sonst schließt Sliwka sofort, aber die Konsequenz ist so bekannt im Ort, dass es auch diesbezüglich noch nie Schwierigkeiten gab. An der Wand blinken zwei Spielautomaten aus D-Mark-Zeiten. "Die haben wir bei der Euro-Umstellung geschenkt bekommen", erzählt Markus. Die frisch installierte Theke hat eine kreative Beleuchtung bekommen, und bald hat sie auch den Wasseranschluss. Doch nun stellen sie erst einmal die "neue" Couch an ihren Platz. Der größte Wunsch der fleißigen Jugendlichen: ein Kicker. Vielleicht liest es ja heute morgen jemand im Trierischen Volksfreund...

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