Am Marktplatz wird nicht mehr gesurft

WITTLICH. Berufsanfänger und Jobsurfer sind nicht mehr willkommen: Mit großem Tamtam wurde das Wittlicher InterJob-Zentrum 2001 eröffnet. Im Januar dieses Jahres wurde es relativ unbemerkt in ein Bewerbungszentrum, das achtwöchige Trainingsmaßnahmen anbietet, umgewidmet. Zwei junge Frauen auf Arbeitssuche sind darüber empört.

 Kehrtmarsch auf der Türschwelle: Wo früher Berufsstarter, aber auch Erwachsene kostenlos surfen oder sich beraten lassen konnten, werden jetzt vom Arbeitsamt vermittelte Trainingsmaßnahmen angeboten.Foto: Heike Lissen

Kehrtmarsch auf der Türschwelle: Wo früher Berufsstarter, aber auch Erwachsene kostenlos surfen oder sich beraten lassen konnten, werden jetzt vom Arbeitsamt vermittelte Trainingsmaßnahmen angeboten.Foto: Heike Lissen

Sabine Röver und Daniela Gaida (Namen von der Redaktion geändert) sind sauer und enttäuscht. Im InterJob-Zentrum (IJZ) am Wittlicher Marktplatz wollten sie im Internet nach einem Job für Daniela suchen und sich beraten lassen, wurden jedoch fortgeschickt. Was die Beiden nicht wussten: Das InterJob-Zentrum, das im Februar 2001 mit viel Aufhebens offiziell eröffnet wurde, heißt seit Januar dieses Jahres Bewerbungszentrum Wittlich und steht nur noch Arbeitslosen offen, die dort eine achtwöchige, vom Arbeitsamt vermittelte Trainingsmaßnahme machen. "Es ist echt schade, dass es das InterJob-Zentrum nicht mehr gibt. Mir hat das ziemlich gut gefallen. Ich habe dort früher öfter im Internet nach einem Job gesucht", beklagt sich die 23-jährige Daniela Gaida, die nach ihrem Hauptschulabschluss zwei Jobs hatte und seit August arbeitslos ist, beim TV .Gerade für junge Leute sollte das IJZ eine Anlaufstelle sein. Ganz spontan, ohne Termin durften Jugendliche, aber auch arbeitssuchende Erwachsene im Internet nach Jobs suchen und sich individuell beraten lassen. "Surfen, auch wenn es mal nicht direkt um einen Job ging, war ausdrücklich erlaubt", sagt Hermann Caspary, Diplom-Sozialarbeiter, der sich im Team mit Diplom-Pädagogin Michaela Schuh um die Interessenten kümmerte und mit ihr auch im neuen Bewerbungszentrum tätig ist. Das Motto des InterJob-Zentrums lautete: Wer online fit ist, ist selbstständiger und für den Arbeitsmarkt gut gerüstet."Ich kann mir keinen Computer leisten. Und ich kenne auch niemanden, bei dem ich ins Internet gehen könnte", sagt Daniela Gaida. "Aber es ist ja nicht nur Internet", sagt ihre Freundin Sabine Röver, die derzeit eine Lehre in einem Autohaus macht, "die haben einem ja auch viel geholfen. Man konnte Bewerbungsgespräche üben oder sie haben die Bewerbungsunterlagen durchgesehen und korrigiert."Offenbar kam das Angebot nicht nur bei den beiden jungen Frauen gut an. "Das InterJob-Zentrum war ein voller Erfolg. Rund 6000 Menschen kamen jährlich ins IJZ. Junge und ältere Menschen und viele Ausländer, die sonst durch das Raster fallen. Viele fragen immer noch danach", berichtet Hermann Caspary. Dem stünden etwa 200 Menschen pro Jahr, die das neue Bewerbungszentrum besuchen, gegenüber. "Aber das ergibt sich natürlich daraus, dass der Auftrag jetzt ein ganz anderer ist", betont Caspary. Jürgen Dillmann, stellvertretender Direktor des Arbeitsamtes Trier, spricht von einem "Paradigmenwechsel", den das Arbeitsamt mit der Umwidmung der IJZ in Bewerbungszentren vollzogen habe.Räumlichkeiten werden verlegt

Neben dem in Wittlich gibt es noch 13 weitere Bewerbungszentren im Großraum Trier. "Als wir das Konzept der IJZ gestartet haben, hatten wir die Perspektive einer guten konjunkturellen Lage. Jetzt müssen wir uns auf diejenigen Arbeitslosen konzentrieren, die einen Rechtsanspruch darauf haben, vermittelt zu werden, weil sie jahrelang Beiträge in die Versicherungen gezahlt haben." Aufgrund der straffen finanziellen Budgets müsse demnächst sogar das Bewerbungszentrum vom Marktplatz in die Räumlichkeiten des Überbetrieblichen Ausbildungszentrums (ÜAZ) verlegt werden. "Die IJZ in Wittlich und Trier sind durchaus erfolgreich gewesen. Wir sind traurig, dass wir das Angebot für die Jugendlichen nicht aufrechterhalten können, wir folgen damit aber der neuen Linie der Bundesanstalt", sagt Dillmann. Daniela und Sabine sehen im Moment keine gute Alternative, um nach einem Job zu suchen. "Im Arbeitsamt Wittlich gibt es einige Computer. Die sind aber entweder besetzt oder keiner hilft einem dabei", erzählt Sabine. Daniela ist vom Arbeitsamt "manchmal ein bisschen enttäuscht". Sie habe Angebote bekommen und dann festgestellt, dass der Arbeitgeber den Job bereits vergeben habe. "Im Arbeitsamt hat keiner die Zeit, sich intensiv um die Leute zu kümmern. Dann dauert es lange bis ein Job für mich dabei ist."

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