An Ostern wird wieder geschaukelt

GÖTZEROTH. Mit der Osterbahn hat sich im Kirchspiel Kleinich ein Brauch gehalten, der sich großer Beliebtheit erfreut .

Haselruten, Moos und jede Menge hart gekochte bunte Eier sind die Utensilien für ein Spiel, das sich im Kirchspiel großer Beliebtheit erfreut und daher von Generation zu Generation weiter gegeben wird. Die "Osterbahn" ist in den Dörfern der Gemeinde Kleinich ebenso nicht weg zu denken wie der Pfingstkronen-Brauch. Zwar leidet der unter freiem Himmel ausgetragene Wettstreit schon mal unter dem Wetter. Doch gespielt wird immer, wie die Erwachsenen versichern. Und zwar an Ostersonntag und -montag von zirka elf Uhr morgens bis in den Nachmittag hinein. Reihum stehen die Teilnehmer dann an, um mit ihrem "Schaukel-Ei" möglichst viele der für jeden Mitspieler im Spielfeld stehenden Einsatz- oder Setz-Eier zu treffen. Denn das getroffene Ei ist der Gewinn, den der Spieler nach erfolgreichem schaukeln, im Kirchspiel auch "schokkeln" genannt, mit nach Hause nehmen darf.Kaputte Eier bekommen die Hunde

Da das begehrte Stück aber bis dahin oft an appetitanregendem Äußeren eingebüßt hat, steht auch ein Eimer bereit, der die österlichen Opfer-Eier als Hundeleckerbissen verwahrt. Eine saubere Sache im Vergleich zu früher, als die Kinder sich schon mal einen Spaß daraus machten, die Eier statt in einen Eimer mit Schwung an die Bäume zu klatschen. Die heutigen Götzerother Bahnbauer, die Jugend des Dorfes, kennen das aber nur vom Erzählen. Wenn sie in der Schule von dem Brauch berichten, klingt das für ihre Mitschüler ohnehin exotisch genug. "Als ich das erzählt habe, fanden die anderen das irgendwie interessant und haben gefragt, wie das geht", erinnert sich Alexander. Viele würden nur das wettbewerbsmäßige Aneinanderschlagen von Eiern kennen. Ähnliche Erfahrungen hat Andrea gemacht: "Die wussten gar nicht, was das ist", wunderte sie sich. Für sie ist die Osterbahn eine Selbstverständlichkeit. Austragungsort ist in Götzeroth eine Hang-Wiese am Ortsausgang in Richtung Kleinich. Um die Gras-Bahn rechtzeitig, und vor allem den hohen Anforderungen der Stamm-Teilnehmer genügend, herzurichten, sind die Jugendlichen schon Wochen vorher unterwegs. Andrea, Alexander, Maximilian und Pascal, alle 13 Jahre alt, wissen ganz genau, wie alles abläuft. "Als erstes holen wir Moos", erklärt Pascal. Alexander schätzt, dass sie normalerweise drei Milchkarren voller Moos brauchen. Das den Lauf der Eier bremsende Rand-Material für die Osterbahn legen sie dann etwa zwei Wochen in einer Scheune zum Trocknen aus. In der Zwischenzeit geht es auf die Suche nach Haselruten, die ein paar Tage in Wasser liegen müssen, damit sie die gewünschte Biegsamkeit bekommen. Denn eine Haselrute ist das A und O für einen optimalen Schwung der über die im Boden steckenden Ruten startenden Wettkampf-Eier. Sobald die Ausstattung der Bahn gesichert ist, rücken die Jugendlichen dem Gelände zuleibe. Mit dem Zollstock vermessen sie die Bahngröße - fünf Meter lang und vier breit -, die sie mit Stöckchen und Schnüren markieren. Nach dem Abstecken machen sich Jungs und Mädchen ans "Schnibbeln": Kniend schneiden sie mit Haushalts-Scheren alles weg, was der Rasenmäher nicht geschafft hat. Und das mitunter einen halben Tag lang, bevor sie der Bahn den letzten Schliff geben, indem sie auf mit Backsteinen bepackten Brettern stehend den Boden ordentlich "walzen". An Ostern kommen viele Leute, die dann über eine unsachgemäß präparierte Bahn schnell "meckern", wie Ursula Hacker weiß, die das Engagement des Götzerother Nachwuchses schätzt. Ebenso wie die Mütter der aktiven Bahnbauer, Christa Hacker, Elke Liebenow, Brigitte Wiesler und Birgit Weber. Denn um die Nachfolge ihrer Kinder ist es in dem kleinen Ort schlecht bestellt. Die nächstälteste Gina ist schon einige Jahre jünger.

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