Anstoß für Fair P(l)ay

BERNKASTEL-KUES. (mbl) In wenigen Tagen ist Anstoß für die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland. "Anstoß" nehmen auch 60 Siebtklässler des Nikolaus-von-Kues-Gymnasiums (NKG) – sie fordern mit einer Unterschriftenliste vom Sportartikelunternehmen adidas "Fair P(l)ay auf allen Feldern".

Damit wollen sie die Christliche Initiative Romero (CIR) bei ihrem Bemühen um menschenwürdige Arbeitsbedingungen in den Weltmarktfabriken unterstützen. Auf dem Tisch in der Pausenhalle des NKG liegen Unterschriftenlisten aus. Eine Broschüre der Christlichen Initiative Romero zum Thema "Menschenwürdige Arbeitsbedingungen in der weltweiten Bekleidungsindustrie" sowie selbstverfasste Flugblätter verteilen Siebtklässler mit ihrer Religionslehrerin Martina Kesselheim an Mitschüler und Lehrer. Viele tragen sich in die Listen ein, denn der Tatbestand der Ausbeutung von Arbeitskräften in der Sportartikelindustrie ist den meisten in solcher Dramatik unbekannt. Das runde Leder rollt bald wieder bei der WM, aber wer weiß schon, in welch krassem Missverhältnis der Verdienst an den Sportartikeln aufgeteilt ist? An einem 100-Euro teuren Sportschuh verdient die Näherin gerade mal 40 Cent. Diesen weithin unbekannten "Ball" ins Rollen bringen wollen die Gymasiasten mit ihrer Aktion. Rekordgewinnen bei Sportartikelherstellern stehen Hungerlöhne in den Nähfarbiken des WM-Hauptsponsors adidas gegenüber - das war ein Thema im Religionsunterricht in den siebten Klassen. Zur weiten Thematik "Gewalt", die auf dem Stundenplan stand, gehören auch Bereiche wie menschenunwürdige Behandlung, Ausbeutung und Unterdrückung."Gewalt an den Schwächsten"

"Das ist Gewalt an den Schwächsten", so Kesselheim. "Und wenn mich an jemandem sein ungerechtes Verhalten gegenüber einem anderen stört, dann bitte ich ihn, das zu ändern", erklärt Kesselheim, dass Unrecht Widerstand erfordere. 80 Postkarten und die Listen mit bisher knapp 300 Unterschriften gehen an die CIR, die die Proteste in einer medienwirksamen Aktion an adidas überreichen will. Anlässlich der WM gehen wieder Millionen teurer Trikots und Schuhe über den Ladentisch, die zu 95 Prozent im Ausland, in Ostasien und Mittelamerika gefertigt werden. Hier schuften unzählige Näherinnen im Akkord, unter unmenschlichen Bedingungen und für einen Lohn, von dem sie nicht menschenwürdig leben können. Während ein Spitzensportler - der werbemäßig auch für adidas "arbeitet" - im Monat 540 000 Euro verdient, geht die Näherin mit 180 Euro nach Hause. "Dabei sind Näherinnen gleich wichtig für adidas und andere Sportmarken", protestieren die Schüler auf ihren Flugblättern gegen die Missstände. Sie fordern von Ökomanager Herbert Hainer die Zahlung existenzsichernder Löhne für die Frauen in den Zulieferbetrieben. "Vielleicht können wir mit unserer Aktion etwas bewegen", hofft Peter Brucker. "Sportartikel gehören zu unserem Alltag, wir tragen viele Sachen von adidas und anderen bekannten Firmen", zeigen sich auch Felix und Leonie betroffen über das krasse Missverhältnis zwischen erzieltem Gewinn und gezahltem Arbeitslohn. Die jungen Leute sind aufgerüttelt, wollen ein Umdenken erreichen. Nicht nur bei Anna, Svenja und Jana hat die Unterschriftenaktion zum Nachdenken angeregt. Tamara und Julia wollen auch im Schulbus, bei Nachbarn und in Geschäften Augen öffnen und Unterschriften sammeln. Denn je mehr Unterschriften, desto gewichtiger ist ihre Stimme für diejenigen, die keine Stimme haben, da sind sich nicht nur Alexander und Björn sicher.

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