Anwältin für 485 Kinder

BERNKASTEL-KUES. Die Schule ist längst nicht mehr nur ein Ort der reinen Wissensvermittlung. An ihr spielt sich auch das wahre Leben ab. Schulsozialarbeiter sind dazu ausersehen, dieses Leben zu begleiten.

"Wenn ich hier abends raus gehe, bin ich froh und glücklich." Wie viele Leute sagen das heutzutage noch? Nadine Neuls zum Beispiel. Nun gut. Sie ist erst seit gerade einmal drei Wochen als Schulsozialarbeiterin in der Hauptschule in Bernkastel-Kues tätig. Was soll die gelernte Erzieherin und studierte Sozialpädagogin da auch anderes sagen? Schließlich liegen in ihrem Berufszweig die Jobs nicht auf der Straße. Wer der 29-Jährigen, die aus Kleinich stammt, aber zuhört, merkt schnell, dass ihre Worte aus dem Herzen kommen. Nadine Neuls hat eine Aufgabe gefunden, in der sie aufgeht. Die Bestrebungen, eine Schulsozialarbeiterin oder ein männliches Pendant an der Hauptschule einzustellen, bestehen bereits seit längerer Zeit. Mit der Anerkennung als Ganztagsschule (Betrieb seit Beginn des neuen Schuljahrs) ging dann auch die Umsetzung einher. Träger der Schulsozialarbeit ist der Trierer Verein Palais, der gemeinsam mit dem Land die Kosten trägt. Ohne Vertrauen geht gar nichts

Die Aufgaben von Nadine Neuls: für alle Probleme der Schüler, schulisch wie privat, ein offenes Ohr haben und in Gesprächen nach Lösungen suchen. Und außerdem: Gruppenarbeit zu Themen wie Gewalt- und Suchtprävention. Entsprechende Projekte bietet sie zum Beispiel bei der Nachmittagsbetreuung der derzeit 124 Ganztagsschüler (insgesamt 485 Schüler) an. Mit dem Fachlehrer für Arbeitslehre will sie zudem noch mehr Augenmerk auf die Berufsorientierung der jungen Leute legen. Neuls Arbeit im täglichen Betrieb beginnt immer dann, wenn sich Probleme zwischen Schülern oder zwischen Schülern und Lehrern zeigen, die nicht in Sekundenschnelle zu lösen sind. "Ich sehe mich als Anwältin der Kinder", sagt sie. Oberste Maxime ihrer Arbeit ist die Vertrauensbasis. "Ich bin zur Verschwiegenheit verpflichtet", berichtet Neuls. Die kann nur aufgehoben werden, wenn die Betroffenen sie dazu autorisieren. Die Hemmschwelle bei den Schülern sei schnell gefallen. "Ich bin immer unterwegs und immer ansprechbar", sagt Neuls. Es habe sich offenbar auch schnell herumgesprochen, dass ein Vertrauensverhältnis gegeben ist. Auch mit den Lehrern habe sich in der kurzen Zeit bereits ein sehr gutes Verhältnis aufgebaut. Mit der neuen Rektorin, Renate Kirchen, hat sich Nadine Neuls in den Sommerferien mehrfach getroffen, um bereits Vorarbeit zu leisten, die im Schulalltag nicht möglich ist. "Es ist wichtig, dass sie eine andere Sicht der Dinge hat", weist Kirchen der neuen Mitarbeiterin eine bedeutende Aufgabe zu. Was beide eint, ist das Streben, auf dieses Weise - die Art der Lehrer und die der Sozialarbeiterin - die soziale Kompetenz der Schüler zu stärken. "Ich bin heilfroh, dass wir im Rahmen der Ganztagsschule diese Stelle bekommen haben", hebt auch Ulf Hangert, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues, die Bedeutung der Arbeit hervor. Sie soll in erster Linie präventiver Natur sein. Nadine Neuls, deren Tätigkeit erst einmal auf drei Jahre befristet ist (Verlängerung möglich) will ein Netzwerk aufbauen. Teile dieses Netzwerks sind unter anderem Eltern, Lehrer, mobile Jugendpflege und Kreisjugendpflege. Neuls sieht ihre Aufgabe ganz pragmatisch. "Die Ganztagsschüler sind den größten Teil des Tages hier." Also spielen sich auch viele ihrer Gedankengänge dort ab. "Der schulische Rahmen reicht aber nicht", sagt die junge Frau. "Es hilft nichts, ein Regelwerk aufzustellen. Man muss flexibel sein", sagt Bürgermeister Hangert. "Ich kann flexibel reagieren", resümiert Nadine Neuls nach den ersten Wochen.

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