Bernkastel-Kues im Winterschlaf: Besucher wollen nicht mehr kommen - Deutliche Reaktionen auf Volksfreund-Artikel

Bernkastel-Kues · Alles hat in Bernkastel-Kues geschlossen. Die Geschäftsleute sind satt. Wir kommen nicht mehr. TV-Leser berichten über Besuche außerhalb der Saison. Werbekreis-Vorsitzender Frank Hoffmann versteht sie und will handeln.

 Mehr Autos als Fußgänger auf dem Marktplatz. Im Winter ist das kein unübliches Bild. TV-Foto: Klaus Kimmling

Mehr Autos als Fußgänger auf dem Marktplatz. Im Winter ist das kein unübliches Bild. TV-Foto: Klaus Kimmling

Bernkastel-Kues. "Es ist sehr einsam im Januar. Wir waren mit Geschäftsfreunden aus Slowenien um 19 Uhr auf der Suche nach einem geöffneten Restaurant. Es war komplett alles geschlossen oder hatte Ruhetag." Ob Rüdiger Ewerth noch einmal nach Bernkastel-Kues kommt, teilt er in seinem Echo auf den Bericht "Image steht auf dem Spiel" nicht mit. Die Enttäuschung über die Außendarstellung der Stadt teilt der Mann, der auf den Kanarischen Inseln eine Firma betreibt, mit anderen Personen.

"Den Geschäftsleuten geht es offenbar gut. Sie scheinen satt zu sein", schreibt ein Leser aus Köln. Er werde nicht mehr ins Herz der Mittelmosel kommen - auch nicht in der warmen Jahreszeit, wenn die Stadt vor Gästen überquillt. Roland Klinger aus Mondorf (Rheinland) spricht von einem "circulus vitiosis": viele Geschäfte zu, weil keine Kunden da - wenig Besucher, weil viele Geschäfte zu. Er hat ein Foto vom leeren Marktplatz nachmittags um 16 Uhr mitgeschickt. "Ja, man hätte nackt darüber gehen können und niemand hätte es gesehen", bestätigt er einen Passus aus dem Artikel.

Wie berichtet hatte Stadtbürgermeister Wolfgang Port die Diskussion angestoßen. Das Image der Stadt stehe auf dem Spiel, so seine Warnung. Im Winter seien viele Geschäfte und Lokale geschlossen - oft ohne Absprache. Der Gast beziehungsweise Kunde wisse nicht, wer geöffnet habe. Dazu kämen uneinheitliche Geschäftszeiten.

Neu ist die Problematik nicht. John Brennan aus Lieg (Hunsrück) kam im Dezember 1959 mit einem Freund zum ersten Mal nach Bernkastel-Kues. Die beiden amerikanischen Soldaten waren gerade auf den Flugplatz Hahn versetzt worden. "Auf unserem Weg von der Vorstadt bis zur Brücke bemerkte Fitz auf dem Marktplatz ganz trocken: Boy, we could be naked and nobody would see us", schreibt er.

Fast alle Geschäfte seien zu gewesen. Die einzige offene Kneipe sei die Sansibar von "Lutz Willi" gewesen. "Es hat sich in 56 Jahren nichts geändert", schreibt Brennan. Etwas ist schon anders. Damals wurden bereits Anfang November die Bürgersteige hochgeklappt. Durch den Weihnachtsmarkt ist die Saison verlängert worden. Problematisch ist nun die Zeit zwischen Neujahr und Ostern.

Frank Hoffmann, Vorsitzender des Werbekreises, weicht der Frage, ob das Image der Stadt auf dem Spiel steht, nicht aus. "Ja", antwortet er. Seit Jahren werde über Kernöffnungszeiten diskutiert. "Die sind unbedingt notwendig, um auch den Einheimischen ein Angebot zu machen", sagt Hoffmann. Aber offenbar werde in den Betrieben von Ostern bis Weihnachten genug Geld verdient. Es nütze auch nichts mit den Leuten zu reden. Man müsse sie mit Konzepten konfrontieren.

Das soll bereits am 18. März bei einer Fahrt nach Bad Münstereifel passieren. Dort hat sich die Innenstadt in ein Outlet-Center verwandelt, von dem aber auch die ansässigen Einzelhändler und Gastronomen profitieren sollen. In direkter Nachbarschaft zu ihnen verkaufen Hersteller von Markenartikeln ihre Produkte zum Dauersonderpreis. Neben Einzelhändlern will Frank Hoffmann auch Hausbesitzer mit in die Eifel nehmen. Ohne sie sei ein solches Projekt nicht möglich.Meinung

Fachwerk allein reicht nicht
Es ist offensichtlich: In Bernkastel-Kues kochen viele ihr eigenes Süppchen. Das scheint aber längst nicht mehr allen Besuchern zu schmecken. Die Köche sollten nicht blauäugig sein, nur ihre Kasse sehen und das Allgemeinwohl außer Acht lassen. Ist der Ruf erst einmal ruiniert, werden alle merken, dass Fachwerkromantik alleine nicht reicht. Also aufwachen, ehe es zu spät ist. c.beckmann@volksfreund.de

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