Bernkasteler Untreue-Prozess: Verteidiger stellt viele Anträge

Trier/Bernkastel-Kues · Sechster Tag im Untreue-Prozess vor dem Trierer Landgericht: Ein 64 Jahre alter Ex-Mitarbeiter der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues ist wegen des Verdachts der Untreue angeklagt.

Da ein Knöllchengeld von zehn Euro, dort drei Hunderter für eine Imbisskonzession oder die Gebühr für einen neuen Personalausweis - wer im Ordnungsamt einer Verbandsgemeinde (VG) die Oberaufsicht über die Kasse hat, der kann auch in Versuchung geraten. Begünstigt wird die Verlockung durch das elektronische Kassensystem: Der Kunde zahlt seine Gebühr und erhält eine ordentlich ausgedruckte Quittung.

Kaum ist der Zahler aus dem Raum, folgt der Druck auf die Stornotaste und der Betrag ist wieder verschwunden. Das Problem ist nur die sogenannte Journalrolle, die im Kasseninnern jede Buchung aufzeichnet. Es sei denn, man kann als Chefkassierer den Kollegen erklären, die Aufzeichnungen seien Formsache - die vollgeschriebenen Rollen könnten gleich entsorgt werden, denn "die holen uns sowieso nur Platz weg".

Mit dieser Methode soll der 64-Jährige auf der Anklagebank der Dritten Großen Strafkammer von 2007 bis 2011 die VG Bernkastel-Kues um rund 70?000 Euro Gebührengelder erleichtert haben. So sieht es die VG-Führung, so sieht es Staatsanwalt Dr. Nannen. Doch der Angeklagte schweigt. 2011 erhielt er die fristlose Kündigung, nachdem man durch einen dummen Zufall auf die "Löcher" in der Kasse aufmerksam geworden war.

Hat sich der Mann über die Stornotaste bedient? Vieles spricht dafür - besonders die entsorgten Journalrollen. Doch bewiesen ist nichts, denn zur Kasse hatten viele andere im Ordnungsamt Zugang. Und auch sie hätten mal auf die Stornotaste drücken können. Genau das versuchen die Verteidiger Dr. Thomas Schneider und Michael Mies zu hinterfragen. Am jüngsten Verhandlungstag ließ Schneider dazu eine wahre Antragsflut rauschen. Berge von Fall?akten sollen untersucht und verglichen werden.

Zudem wünscht die Verteidigung einen Stichproben-Vergleich der Aktenkopien, die bei den polizeilichen Ermittlungen verwendet wurden, mit den Originalakten, sofern sie noch vorhanden sind. Die beiden Anwälte kritisieren auch, dass VG-Mitarbeiter, die selbst Zugang zur Kasse hatten, mit den ersten Ermittlungen betraut worden waren. Außerdem, so fügen die Verteidiger als Schmankerl hinzu, habe die VG-Leitung das Verfahren wegen der anstehenden Bürgermeisterwahl im März 2012 bewusst verzögert.

Weiter geht es am 21. April, 9 Uhr. Am 8. Mai folgt ein kurzer Überbrückungstermin und die nächste "richtige" Verhandlung ist wieder am 18. Mai.

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