"Betragen gut" ist Muss für Azubis

BERNKASTEL-WITTLICH. Derzeit ist die Suche nach Ausbildungsstellen für viele Schüler im vollen Gange. Personalchefs und Bewerbungstrainer erläutern, worauf es bei einer Bewerbung ankommt. Generell gilt: Die Anforderungen sind auch in puncto Auftreten und Benehmen gestiegen.

 Gut vorbereitet: Susi Pelz (links) übt schon einmal das Vorstellungsgespräch in einer Werbeagentur.Foto: Angelika Koch

Gut vorbereitet: Susi Pelz (links) übt schon einmal das Vorstellungsgespräch in einer Werbeagentur.Foto: Angelika Koch

Wenn Hans Wiedauer, Personalchef bei den Thalfanger Hochwald Nahrungsmittelwerken, die Bewerbungen auf einen Ausbildungsplatz in seinem Hause durchsieht, so ist seine Begeisterung eher gedämpft: "Das Niveau der schulischen Vorbildung ist klar gesunken", konstatiert er, überhaupt seien nur 40 Bewerbungen rechtzeitig eingegangen. Die soziale Kompetenz ist für ihn ausschlaggebend, ob ein Schulabgänger eine Lehre machen darf: "Ich schaue zuerst auf die Kopfnoten Betragen, Mitarbeit, Religion und Sozialkunde." Denn weder "Querköpfe" noch "Faulpelze" oder zu stille Gemüter passten zum Unternehmen, und in Sachen Allgemeinbildung gilt: "Mir ist wichtig, dass einer auch versteht, was auf den Wirtschaftsseiten des TV steht, und nicht nur die Schlagzeilen der Bild-Zeitung kennt." Saubere Mappe ist selbstverständlich

Hinzu kommen gute Noten in Mathematik, Deutsch, Chemie und Physik, doch: "Heute reicht das 10. Schuljahr Hauptschule eigentlich nicht aus, vor allem für die kaufmännischen Berufe sollte es schon die Mittlere Reife sein auf einer Realschule." Wer CNC-gesteuerte Maschinen bediene, brauche geistiges Potenzial. "Generell sind die Ansprüche gewachsen, jedoch ist spürbar, dass die PISA-Studie die Schulsituation zutreffend beschreibt." Lediglich das Auftreten und die Manieren der zukünftigen Auszubildenden seien besser geworden. Sie kämen nicht mehr verunsichert mit den Eltern an der Hand. Schule und Eltern begleiten die Jugendlichen auf ihrem Weg in die Arbeitswelt nicht genug, meint Jürgen Rother, bei Dunlop in Wittlich für die Einstellungen zuständig. "Die kümmern sich zu wenig. Wie sonst kommt es, dass 90 Prozent der Bewerbungen, die bei uns auf den Tisch kommen, aus losen Zetteln bestehen? Eine klar gegliederte, saubere Bewerbungsmappe sollte doch das Minimum sein." Einen deutlichen Nachholbedarf und ein sinkendes Niveau beklagt er: "Sonst besteht kaum jemand unseren Auswahltest." Bei dem ist logisches Denken gefragt, Fähigkeiten in Mathematik und Deutsch. Genauso wichtig: "Wir achten stark auf die Kopfnoten Verhalten und Mitarbeit, denn ohne die so genannten "soft skills" wie Team- und Kommunikationsfähigkeit geht es nicht." Dunlop stehe vor der Situation, zu wenig für eine Ausbildung geeignete Kandidaten zu haben. Rother legt Wert darauf, dass die im Bewerbungsgespräch dargebotenen sozialen Kompetenzen wie Selbstsicherheit und Höflichkeit verinnerlicht sind: "Ein erfahrener Personalchef merkt sofort, wenn das nur aufgesetzt ist." Petra Richard, Praktikums- und Firmenbetreuerin beim Job Aktiv Center (JAC) in Bernkastel-Kues, macht bewusst, dass es sich für die Firmen um langfristige Perspektiven handelt, da sie ein mindestens dreijähriges Risiko mit einer Ausbildung und eventuellen späteren Übernahme eingehen. Zwar werden im JAC Arbeitslose auf den Berufs- und Bewerbungsalltag vorbereitet, aber auch für Schulabgänger gilt, dass Bewerbungen ein bestimmtes Niveau nicht unterschreiten dürfen. "Rein äußerlich muss die Bewerbungsmappe mit Deckblatt und großem Porträtfoto, dem tabellarischen Lebenslauf, Zeugnis und Praktikumsnachweisen gut gestaltet sein." Im Anschreiben solle der Bewerber klar formulieren, welches Interesse er an der Ausbildungsstelle hat, und nicht nur allgemeinen Bedarf an einem Job bekunden: "Die Unternehmen müssen sich gezielt angesprochen fühlen. Sie erwarten klare Vorstellungen und möglichst auch Vorkenntnisse durch Praktika." Auch sie setzt auf intensive Gespräche mit Erwachsenen, um mangelnde Erfahrungen der Schulabgänger zu kompensieren. Doch der Verweis auf die Eltern in der Bewerbung ist tabu. Kein Betrieb honoriert heute noch Berufswünsche, die von Eltern vorgegeben wurden. "Auch Hobbys sollten in der Bewerbung nur genannt werden, wenn sie einen positiven Bezug zur gewünschten Lehrstelle haben und die Eignung unterstreichen. Wer risikofreudig Snowboard fährt, wird damit einen Ausbilder vermutlich eher verprellen."

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