Betrügerin treibt Pfarrer in den Ruin

BERNKASTEL-KUES. Weil sie einen Pfarrer von der Mosel um sein ganzes Vermögen gebracht hat, hat das Bernkastel-Kueser Amtsgericht eine 44-jährige Betrügerin zu einer zweieinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt.

Wie naiv, wie gutgläubig muss ein Mann sein, der einer Betrügerin zehn Monate lang auf den Leim geht, ihr auf flehentliches Bitten dutzende Male teilweise dicke Geldbeträge leiht, bis sein Konto "bis zum Anschlag", wie er selbst sagt, in den roten Zahlen steht? Der ehemalige katholische Pfarrer von Neumagen-Dhron ist ein gutgläubiger Mensch. "Sehr vertrauensselig", beschreibt ihn seine einstige Sekretärin, "gnadenlos naiv", meint Richter Oliver Emmer. Für den heute 65-jährigen Kirchenmann war geben schon immer seliger als nehmen. Wenn in der Verwandtschaft Geld fehlte oder eines seiner Schäflein ein finanzielles Loch überbrücken musste, öffnete der Geistliche bereitwillig sein Portemonnaie. Um den Überblick zu behalten, wem er wann wie viel geliehen hatte, führte er Buch, ließ sich die Auszahlungen quittieren. Die "Kredit"-Bedingungen würden jeden Banker erröten lassen: "Rückzahlung wie möglich und ohne Zinsen", schrieb er auf die Schuldscheine. Kaum verwunderlich, dass solche Freigiebigkeit auf Erden nicht immer belohnt wird.Genügsamer Pastor: "Ich brauche nicht viel"

Insgesamt rund 180 000 Euro, "die ich wohl nicht mehr wiedersehe", habe er bis dato verliehen, schätzt der Pfarrer selbst und fügt rasch hinzu: "Aber ich brauche auch nicht viel. Ich bin Pastor und Haushälterin in einem und lebe sehr spartanisch." Die Gutmütigkeit des Pfarrers sprach sich offenbar auch zu Mona Meyer (Name geändert) herum. Die heute 44-Jährige lebt mit Mann und fünf Kindern in einem Nachbardorf. Das Geld langt vorne und hinten nicht, mit Gelegenheitsarbeiten hält sich die Familie mehr schlecht als recht über Wasser. Der Pfarrer ist "stark beeindruckt" von den Erzählungen der Frau, die die familiäre Notlage und den täglichen Kampf ums Überleben ebenso plastisch wie übertrieben schildert, dass dem Geistlichen fast die Tränen kommen. "Ich wollte ihr unbedingt helfen, ein anderes Leben zu führen." Mona Meyer tischt fortan eine Lügengeschichte nach der anderen auf. Erst benötigt die angeblich in einem Wohnwagen hausende Familie Geld, um sich ein Haus leasen zu können. Dann will Mona einen Floristinnenkurs besuchen, ein Geschäft übernehmen, muss das Auto in Reparatur, geht die Heizung kaputt - und so weiter. Jedes Mal lässt sich der Pfarrer erweichen, geht zur Bank, leiht der Betrügerin das Geld. 32 Mal in nur zehn Monaten wird er über den Tisch gezogen, bis er - um 54 255 Euro ärmer - den Schwindel endlich bemerkt und Mona anzeigt. Die steht am Freitag nicht zum ersten Mal wegen Betrugs vor dem Kadi. Bis dato kam sie allerdings immer mit Bewährung davon. Jetzt soll die 44-Jährige zweieinhalb Jahre hinter Gitter. Monas Verteidigerin Martha Schwiering will in die Berufung gehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort