Billiges Parken ärgert Hahn-Chefs

Der Flughafen Frankfurt-Hahn macht sein Hauptgeschäft nicht mit der Fliegerei. Das ist typisch für einen Billig-Airport. Einnahmen werden vielmehr im so genannten No-Naviation- Bereich erzielt. Darunter sind Mieteinnahmen, Parkgebühren und dergleichen mehr zu verstehen. Auch manche Bewohner der Anliegergemeinden sehen hierin ein durchaus lukratives Geschäft.

Lautzenhausen. (tor/es) Einzelne Bürger von Lautzenhausen und anderen Hahn-Anliegergemeinden vermieten auf ihren Privatgrundstücken günstige Parkplätze an Flugreisende und treten damit in Konkurrenz zu den kostenpflichtigen Parkplätzen auf dem Hunsrück-Flughafen. Ein großes, weißes P auf blauem Grund, ergänzt mit dem Zusatz "drei Euro pro Tag", lockt die Kunden, die übers Internet auf diese billige Parkmöglichkeit aufmerksam gemacht werden, bei ihrer Anfahrt zum Hahn-Terminal zuerst nach Lautzenhausen. Der direkte Weg zum Hahn führt bekanntlich nicht durch das 400-Seelen-Dorf.Zwischen 300 und 400 Autos sind in Lautzenhausen während der Abwesenheit ihrer Besitzer abgestellt, schätzt Hahn-Geschäftsführer Jörg Schumacher. Die Parkplatzvermieter fordern die potenziellen Kunden mit Schildern "Bitte klingeln" auf, sich an der Haustür zu melden. Sie bieten einen sicheren Stellplatz und außerdem einen Shuttle-Service zum Terminal. Der Flughafen-Chef ist darüber - gelinde gesagt - "not amused": "Diese Lautzenhausener Bürger greifen das Kerngeschäft des Flughafens an. Darauf müssen wir natürlich reagieren", kündigt Schumacher an. Aufs Jahr gerechnet gehen der Flughafengesellschaft an die drei Millionen Euro durch die Lappen, behauptet der Hahn-Geschäftsführer. "Dieser Einnahmeverlust geht natürlich zuerst zu Lasten der Personalkosten. Jede neue Einstellung überlegt man sich fünf Mal, weil man noch schärfer rechnen muss als bisher", verdeutlicht der Flughafen-Chef im Gespräch.Eingriff in Kerngeschäft

Das schnelle Geschäft mit den Parkflächen in Lautzenhausen gefährde damit letztendlich Arbeitsplätze auf dem Hahn, so Schumacher. Er betont aber, dass im Zweckverband Flughafen Hahn - in dem auch Lautzenhausen vertreten ist - bisher immer große Einigkeit geherrscht habe und sämtliche Beschlüsse einstimmig gefasst worden seien.Neben dem Eingriff ins Kerngeschäft des Flughafens kritisiert Schumacher, dass die umliegenden Dörfer mehr vom Hahn haben könnten als mit Blech gepflasterte Grundstücke, die ein paar schnelle Euro bringen. "Hotels, Gastronomiebetriebe, Einkaufsmöglichkeiten, das sind Ideen, wie ein Dorf mit sinnvollen Infrastruktureinrichtungen nach vorn kommen kann. Unsere Nachbargemeinden sollten nicht zu Parkplätzen des Flughafens verkommen."Dieser Aussage stimmt Siegward Bongard, Ortsbürgermeister von Lautzenhausen, voll zu. Auch ihn stört das Geschäft mit den Autos der Fluggäste. "Es ist schon bedenklich, wenn Höfe, Obstwiesen oder Vorgärten in Parkflächen umfunktioniert werden. Das ganze Blech und der Schilderwald haben das Ortsbild negativ verändert", berichtet Bongard. Besonders betroffen ist das Oberdorf.Etwa zehn private Parkplatzanbieter gebe es derzeit in Lautzenhausen, Tendenz steigend. Schon seitdem das Parken am Hahn kostenpflichtig wurde, haben die Lautzenhausener mit Wildparkern zu tun. Zuerst standen reihenweise Autos an den Straßenrändern, vor den Grundstücken der Leute.Baugenehmigung ab 100 Quadratmeter nötig

Darauf reagierte die Gemeinde und führte Parkscheiben und eine Höchstparkdauer von sechs Stunden ein. "Dann entwickelte sich eine Doppelmoral", so Bongard: "Die Autos vor dem eigenen Haus empfand man als störend, die Idee, Parkplätze auf dem eigenen Hof zu vermieten, aber nicht."Auf einer Bürgerversammlung im März stand das Thema "Billigparken" ebenfalls auf der Tagesordnung. Damals wies der Ortsbürgermeister auch auf die rechtliche Situation hin: Das Parkgeld gilt als Mieteinnahme und muss steuerlich angegeben werden. Zudem braucht man für Parkplätze, die größer als 100 Quadratmeter sind, eine Baugenehmigung. Auf 100 Quadratmetern finden rund acht Autos Platz. Rund 90 Prozent der Privatanbieter hätten in Lautzenhausen daher keine genehmigten Parkflächen. In einem Schreiben hat mittlerweile auch die Kirchberger VG-Verwaltung an die Vernunft der privaten Parkplatzvermieter appelliert. Auch Bongard will es so versuchen: "Wir möchten den Leuten klarmachen, dass die Anzahl der Parkplätze nicht mehr in einem gesunden Verhältnis zur Dorfgröße steht."Darüber hinaus stellt die Gemeinde Bauanträge von privaten Stellplatzvermietern zurück - solange, bis es einen neuen, gültigen Bebauungsplan für das Oberdorf gibt, der genau festlegt, wie mit Parkflächen umzugehen ist.Eine Parkplatz-"Goldgräberstimmung" herrscht aber nicht nur bei Privatleuten, sondern auch bei manchem Gaststätten- und Hotelbetreiber in dem Hunsrückdorf: Hier hat die Gemeinde nicht mit einer Mindestzahl zulässiger Stellplätze zu kämpfen, sondern damit, dass die Höchstzahl nicht überschritten wird. Bongard: "Hotels müssen natürlich für ihre Gäste Parkplätze anbieten. Wenn es bei 15 Zimmern aber 100 Stellplätze gibt, ist das schon verwunderlich."

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