Blüte und Krise des Weinhandels

Traben-Trarbach · Bis heute prägen Villen das Stadtbild von Traben-Trarbach, die Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden. Sie sind Ausdruck eines großen Wohlstands, den der expandierende Weinhandel ermöglichte. Doch der Erfolg währte nur kurz.

Traben-Trarbach. Eine Art Goldgräberstimmung schien Anfang des 20. Jahrhunderts die beiden erst 1904 zur Doppelstadt vereinigten Mittelmosel-Kommunen Traben und Trarbach erfasst zu haben. Sie erlebten einen Bauboom, der bis heute das Stadtbild prägt. Innerhalb weniger Jahre entstanden Dutzende von Villen und Kellereikomplexen - einige davon im gerade aufkommenden Jugendstil.Stadt geschichte(N)


Im Traben-Trarbacher Untergrund reihte sich bald buchstäblich Kellergewölbe an Kellergewölbe. In den Kellereien der Weinhändler lagerten mehr als 15 000 Fuder Wein, berichtet der Stadtführer von 1902 voller Stolz. Mit Bahn und Schiff wurden 1899 18 000 Fuder versandt.
Die Doppelstadt war plötzlich zu einem der bedeutendsten Weinumschlagplätze des Reiches geworden: Eine seit 1894 bestehende Nebenstelle der Reichsbank verzeichnete einen jährlichen Umsatz von mehr als 100 Millionen Goldmark, während heimische Firmen mit Niederlassungen in Hamburg, London, Chicago und der deutschen Kolonie Kiautschau auf dem chinesischen Festland warben. Die ökonomische Blüte Traben-Trarbachs war der wohl augenfälligste Höhepunkt eines bis dahin beispiellosen Wirtschaftsaufschwungs im Bereich des Moselweinbaus.
Dank der allgemein expandierenden Industrie und einer ganzen Reihe guter Weinernten hatten sich den heimischen Rebenerzeugnissen ab den 1850er Jahren neue Märkte erschlossen. Im Ausland - allen voran in Großbritannien, den USA und selbst in Russland - erfreute sich der Moselwein wachsender Beliebtheit. Die qualitativ fast durchweg hervorragenden 1890er Weine hatten der gesamten Anbauregion Wohlstand beschert. Der Rebensaft wurde zum Modegetränk des Wilhelminischen Kaiserreiches. Doch der Niedergang ließ nicht lange auf sich warten. Ursachen waren unter anderem allgemeine wirtschaftliche Probleme und Änderungen im Weingesetz. Die Gewinne der Händler schmolzen auf ein Minimum zusammen. Der Bauboom entsprach kaum mehr der realen wirtschaftlichen Lage. In den Jahren 1900 bis 1911 stellten in Traben und Trarbach fünf Großfirmen den Betrieb ein, vier weitere gingen in Konkurs. In Kreisen der Weinbauern wurde bald von "Winzernot" gesprochen. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges bedeutete endgültig das Ende der "Belle Epoque" in Traben-Trarbach.Extra

"Die Belle Epoque im Bild" - so lautet der Titel der historischen Fotoausstellung, die bis zum 4. Januar im Mittelmosel-Museum zu sehen ist. Anhand von 200 historischen Fotos und Dokumenten aus dem Archiv des Irmenacher Heimatsammlers Hans Schneiß werden im Dachgeschoss der Barockvilla Böcking die goldenen Gründungsjahre der Doppelstadt lebendig. Ergänzend sind historische Fotoapparate der Zeit aus dem Bestand des privaten Film- und Fotomuseums Bad Bertrich zu sehen. Die Ausstellung ist an allen Adventswochenenden samstags und sonntags, sowie vom 20. Dezember 2014 bis 4. Januar 2015 durchgehend an allen Tagen jeweils von 10 bis 17 Uhr (am 24. Dezember lediglich bis 13 Uhr) geöffnet.

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