Boor-Wein und das beste Wasser der Welt

PIESPORT. (urs) Zwei Tage lang feierte der Piesporter Ortsteil Ferres den 120. Geburtstag seines Brunnens. Ein Jubiläum, zu dem viele Freunde des Ortsteils vorbei schauten.

Kuchen über Kuchen waren in Ferres eingetroffen. Allesamt Spenden, mit denen Freunde des Piesporter Ortsteils ihre Verbundenheit mit den zwei Dutzend Bürgern zeigten. Das nur alle zehn Jahre stattfindende Boorfest, mit dem der Ort den Bau des 120 Jahre alten Brunnens feiert, bietet dazu die beste Gelegenheit. Zumal der Brunnen den Bürgern sehr wichtig ist. "Jeder richtige Ferreser hat einmal auf dem Boor gesessen, und Generationen von Kindern haben darin gespielt", bringt die in Frankreich lebende Bruni Tuteirihia, eine geborene Bombarding, das Phänomen auf den Punkt."Man muss die Traditionen beibehalten"

Doch der Brunnen genoss nicht nur bei Einheimischen Anerkennung. "Es war das beste Wasser der Welt", erinnert sich Gerd Leyendecker. Der Piesporter wusste das zu schätzen, wenn er mit anderen jungen Männern in den Weinbergen über dem Ort arbeitete. "Früher haben wir das Wasser jeden Tag getrunken", bestätigte Hans Schmitt, der sich deshalb vom Ortsteil Emmel auf den Weg zum Boorfest gemacht hat. "Weil ich das Ferreser Wasser trinken will", versicherte er und hielt freudestrahlend sein Glas in die Höhe. Gefüllt hatte er das Glas allerdings nicht am echten Brunnen, sondern an der mit Boor-Wein gefüllten Attrappe. Den Ausschank des professionell gekühlten Tropfens hatte Waldemar Lehnert übernommen. Der in Bernkastel-Kues lebende gebürtige Ferreser trat damit in die Fußstapfen seines verstorbenen Vaters. "Man muss ja die Tradition ein bisschen beibehalten", begründete er sein Engagement, das er mit vielen Ex- oder Nicht-Ferresern an Kuchenbüfett und Fischbraterei teilte. So auch mit Hans Zachara, dem auf der anderen Moselseite wohnenden ehemaligen Briefträger des Dorfes. Pausenlos brutzelte "der Hannes" seine Schwenkbraten und ließ dabei trotz der Hitze keine Müdigkeit erkennen. Und wenn wirklich mal fünf Minuten keine Nachfrage war, schwenkte er fleißig sein Glas. Doch nicht nur ihm verlangte das Fest Durchhaltevermögen ab. Ilona Bähr hatte zum Beispiel an beiden Tagen die Verantwortung für die Bon-Kasse und klagte dennoch nicht. "Es ist angenehm und macht Spaß", wusste sie ihren Platz im Halbschatten, an dem ihr Töchterchen Anna Gesellschaft leistete, zu schätzen. Von überall waren die Menschen nach Ferres gekommen und saßen bis spät in die Nacht bei Vollmond am beleuchteten Moselufer. Großer Andrang herrscht vor allem am Sonntagmittag und Samstagabend nach der Messe. Für den Gottesdienst in ihrem "Dom" hatten die Ferreser die Festzelt-Bänke kurzerhand zur Kapelle getragen und später wieder mit zurückgenommen. Trotz des regen Besucherstroms hätten nach Ansicht von Karla Schäfer aber ruhig noch mehr Menschen den Weg nach Ferres finden können. Schließlich sei der Erlös für einen guten Zweck, und die Ferreser hätten es verdient. "Hier hilft jeder jedem, einer ist für den anderen da."

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