Brauneberg will, dass diese Flüchtlingsfamilie bleibt

Brauneberg · Seit acht Jahren arbeitet, backt und tanzt eine Familie mit ihren Nachbarn in Brauneberg. Doch jetzt soll sie ausreisen – in ein Land, das nur offiziell als sicher gilt. Eine Aktion von Nachbarn, Lehrer und Freunden lässt sie jetzt hoffen.

 Seit Jahren lebt die Familie Ibrahimow-Mammadova in Brauneberg – jetzt muss sie womöglich Abschied nehmen. Seljan, Ramik, Laman, Zahra und Piala (von links) fürchten, als Christen in Aserbaidschan bedroht zu werden. Letzte Hoffnung gibt ihnen die Initiative eines Pfarrers. TV-Foto: Benedikt Laubert

Seit Jahren lebt die Familie Ibrahimow-Mammadova in Brauneberg – jetzt muss sie womöglich Abschied nehmen. Seljan, Ramik, Laman, Zahra und Piala (von links) fürchten, als Christen in Aserbaidschan bedroht zu werden. Letzte Hoffnung gibt ihnen die Initiative eines Pfarrers. TV-Foto: Benedikt Laubert

Fünf Deutsche aus Brauneberg werden womöglich bald abgeschoben. Zugegeben: Die Eltern der Familie Ibrahimov-Mammadova und die älteste Tochter Laman weisen sich mit aserbaidschanischen Pässen aus. Sie sind vor acht Jahren nach Deutschland geflohen, weil der Familienvater bedroht wurde und von der Polizei nicht den Schutz bekam, den er gebraucht hätte.


Bis auf den Akzent der Eltern ist die Familie aber so Braunebergisch, wie man nur Braunebergisch sein kann: Der Vater arbeitet für die Gemeinde, die Mutter in der Konditorei des Ortes und singt im Kirchenchor, die 11-jährige Laman hat es aufs Gymnasium geschafft und die beiden Kleinen, Zarah und Seljan, tanzen in einer Winzertanzgruppe auf Weinfesten und Umzügen. Das droht der Familie in Aserbaidschan

Damit könnte jetzt jeden Moment Schluss sein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat die Asylanträge der Familie - es sind inzwischen die zweiten - abgewiesen. Wie heimisch man sich nach acht Jahren in Brauneberg fühlt, beeinflusst die Entscheidung des Bamf nicht: Die Integrationsbemühungen der Familie würden zwar mit Respekt zur Kenntnis genommen, heißt es in der Begründung. Sie "haben jedoch weder asylrechtliche noch abschiebungsrechtliche Relevanz". Die Mutter Piala Mammadova sagt: "Wir haben den Antrag gestellt, weil wir als Christen in Aserbaidschan bedroht würden und deshalb auf keinen Fall zurückkehren können."

Das Bamf begründet seine Ablehnung des Asyls damit, dass in Aserbaidschan offiziell Religionsfreiheit herrsche. "Diese Freiheit steht aber nur auf dem Papier", sagt Mammadova. "Aserbaidschan ist kein Rechtsstaat. Polizei und Gerichte schützen einen nicht, wenn man bedroht wird." Das sagt Amnesty

Die Berichte von Amnesty zeichnen ein ähnliches Bild wie Mammadova: Die wichtigsten Oppositionsparteien Aserbaidschans wurden vor den Parlamentswahlen 2015 so lange von den Behörden drangsaliert bis sie die Wahlen schließlich boykottierten. Gewaltlose Regierungskritiker sitzen in Haft, Journalisten werden verprügelt und nach regelmäßig stattfindenden Misshandlungen werden Verantwortliche nicht zur Rechenschaft gezogen.

Die enge Bindung zum Dorf, die einen Abschied besonders schwer machen würde, könnte sich aber auch als Rettung der Ibrahimov-Mammadovas erweisen. Tomas Berke, evangelischer Pfarrer in Mülheim, sammelt seit dem 20. Juli Unterschriften gegen die Abschiebung der Familie. Denn gut integrierte Familien mit kleinen Kindern, die länger als sechs Jahre in Deutschland leben, bekommen eine Aufenthaltserlaubnis. Das steht im Paragraph 25b des Aufenthaltsgesetzes.

Rund 400 Nachbarn, Arbeitskollegen, Lehrer und Freunde haben den Appell bereits unterschrieben. Ob die Familie integriert genug ist, darüber entscheidet die Ausländerbehörde, die Landrat leitet, in den kommenden Wochen. Bis zur Entscheidung dürfen die fünf Brauneberger in ihrer Wohnung bleiben. Also wieder warten. Mammadova sagt: "Seit acht Jahren fühlen wir uns nicht sicher, weil wir ständig zurückgeschickt werden könnten. Das Warten zermürbt uns alle." Die Brauneberger sind sauer

Und die Brauneberger sind sauer, dass man ihnen die Nachbarn und Freunde wegnehmen will. Die Nachbarin Gaby Künster ist mit einem Dutzend Lehrern, Nachbarn und anderen Verbündeten zum Termin mit der Presse gekommen, um ihre Unterstützung zu zeigen. Sie sagt: "Wir haben uns in den vergangenen Jahren so für die Familie eingesetzt - und jetzt soll sie gehen. Das fühlt sich einfach nicht gerecht an!"

Lothar Zirbes vom Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage ist auch mitgekommen und empört sich: "Wie kann ein Rechtstaat acht Jahre für seine Entscheidung brauchen und die Leute wieder rausschmeißen, wenn sie sich gerade eingelebt haben?" Doch wenn die Brauneberger mit ihrer Unterschriftenaktion erfolgreich sind, kommt es gar nicht so weit. So kann man helfen

So können TV-Leser die Familie unterstützen: Pfarrer Thomas Berke sammelt bei allen öffentlichen Anlässen rund um Brauneberg und Mülheim Unterschriften für das Bleiberecht der Familie Ibrahimov-Mammadova. Wer Fragen zur Unterschriftensammlung hat, kann sich telefonisch bei ihm melden: Telefon 06534/235.

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