Brillante Mehrstimmigkeit

BERNKASTEL-KUES. (mbl) Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so andächtig lauschten die Zuhörer in der Kapelle des St. Nikolaus-Hospitals dem Gesang der "Capella Cusana".

 Polyphones von alten Meistern bot die Capella Cusanus.Foto: Marita Blahak

Polyphones von alten Meistern bot die Capella Cusanus.Foto: Marita Blahak

Rund 80 Musikfreunde ließen sich dieses einmalige Hörerlebnis nicht entgehen. Darunter waren viele "Fans" der Chorgemeinschaft aus überwiegend jungen Sängerinnen und Sängern. Diese treuen Anhänger versäumen kaum eines der jährlichen Abschlusskonzerte der "Tage alter Chormusik". Seit 20 Jahren treffen sich die Sänger zur Probenwoche nach Ostern in Bernkastel. Auf dem diesjährigen Programm stand die "Missa de Beata Virgine" des spanischen Komponisten Cristobal de Morales (1500 - 1553) sowie vier Motetten des französischen Komponisten Maurice Duruflé (1902 - 1986). Zwischen den Vokalstücken spielte der gebürtige Brasilianer Ilton Wjuniski am Cembalo Werke verschiedener Komponisten des 17. bis 19. Jahrhunderts. Darunter auch das Eingangsstück "Toccata Duodecima" des großen Musikers und Komponisten Girolamo Frescobaldi (1583 - 1643). Zu dessen Orgelkonzerten in Rom sollen einst 30 000 Zuhörer zusammengeströmt sein. Einfühlsam und voller Dynamik interpretierte der junge Cembalist die Musik der alten und jüngeren Meister aus der Zeit der Renaissance und des 20. Jahrhunderts. Die 27 Chormitglieder standen unter der Leitung von Romano Giefer, der sich einen Namen gemacht hat als Cembalist, Organist und Dirigent. Eine Woche lang probte der Projektchor mit erfahrenen Sängern aus ganz Deutschland und dem Ausland das Konzert, das gesangliche Ergebnis beeindruckte die Zuhörer. Dabei bot die Cusanuskapelle aufgrund ihrer guten Akustik den idealen Rahmen. Als wahre Meister ihrer Stimmen erwiesen sich die Interpreten, die mit präziser Intonation und kraftvoller, absolut reiner und beweglicher stimmlicher Brillanz die Gesänge zu Gehör brachten. Dabei erzeugte der für heutige Ohren fremdartige mehrstimmige, polyphone Stil mit seiner Vielfalt gleichzeitiger Melodien in herbem Zusammenklang beim Zuhörer tiefen Respekt vor der Leistung der Interpreten. Gleichermaßen war es ein inniges Hörempfinden. Dieses kunstvolle Gewebe der Stimmen "erklang" auch eindrucksvoll in Duruflés Motetten über gregorianische Themen. Überwiegend der Musik aus der Zeit der Renaissance hat sich die Chorgemeinschaft verschrieben. Seit 1984 widmen sich die "Tage Alter Chormusik" der Literatur alter Meister aus der Zeit vor Bach, wobei aber auch Werke jüngerer Komponisten ihren Platz in den Konzertprogrammen erhalten. Kaum war der letzte Ton in der ehrwürdigen Kapelle verhallt, setzte langanhaltender und Zugaben fordernder Beifall ein und der galt Chorsängern, Dirigent und Solist gleichermaßen. "Überwältigend", bemerkte einer aus dem begeisterten Publikum, das sich zum Konzertende in großer Anerkennung als Dank von den Plätzen erhob.

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