Brückenschlag in die Zukunft

BERNKASTEL-KUES. Der erste gemeinsame Mosel Weinbautag ist Geschichte. Am letzten Veranstaltungstag lauschten 400 Winzerinnen und Winzern den Worten von engagierten Riesling-Experten.

Wie heißt die bekannteste Rebsorte an Mosel, Saar und Ruwer? Riesling werden nicht nur Weinkenner sagen. Falsch, ganz falsch! 45 Prozent der im Anbaugebiet erzeugten Weine kommen unter der Deklaration "Ohne Rebsorte" in den Handel. Erst danach folgt mit 43 Prozent der Riesling. Diese und andere Zahlen, die Karl-Heinz Frieden (Landwirtschaftskammer) am letzten Tag des Mosel Weinbautags auftischte, zeigen Glanz und Elend der Region: Riesling-Erzeuger von Weltruf und Winzer, die namenlose Weine produzieren, wohnen quasi Tür an Tür. 2020 wird zum magischen Jahr

Selten zuvor war der Blick so weit in die Zukunft gerichtet, wie bei der Premiere der ersten gemeinsamen Veranstaltung für das gesamte Anbaugebiet. Die "Visionen 2020" - spätestens im Jahr 2020 soll deutscher Weißwein wieder Kultstatus haben - machten an allen drei Nachmittagen die Runde. Für den letzten Tag hatten die Veranstalter mit Otto Schätzel (Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Oppenheim) und Starwinzer Wilhelm Weil (Weingut Robert Weil, Kiedrich) zwei gleichermaßen hochrangige wie engagierte Männer der Praxis eingeladen. Beide ließen ihre Blicke ausgiebig in die Zukunft schweifen. Vielleicht geben die beiden ausgewiesenen Liebhaber des Mosel-Rieslings mit ihrem Blick von außen sogar die Slogans für eine bessere Zukunft vor. "Riesling hat die Mosel bekannt gemacht. Als Dank machen wir den Riesling berühmt", formulierte er einen griffigen Satz. Mosel und Rheinwein seien vor 100 Jahren die begehrtesten und teuersten Weine der Welt gewesen. "An diese Tradition muss man anknüpfen", sagte Schätzel. "Wir müssen die Tradition aber mit dem modernen Know how verbinden", forderte er einen "modernen Brückenschlag". Derzeit nehme die Winzerschaft die "Visionen" noch nicht wahr. "Will man so weiter wurschteln?", rief Schätzel in die Mosellandhalle. Deutsche Autofirmen machten vor, wie es geht: mit einem Sortiment vom Kleinwagen bis zum Kultobjekt. Genauso müsse auch die Pyramide im Geschäft mit dem Wein aufgebaut werden. Die Mosel müsse dabei vor allem auf ihr Terroir setzen. Schätzel: "Sie ist die Nummer eins im Steillagen-Anbau und die Nummer eins im Riesling-Anbau. Mehr braucht man nicht." "Für mich ist die Mosel fruchtig und mineralisch. So etwas gibt es sonst nirgends auf der Welt", sagte Wilhelm Weil gleich zu Beginn seiner Ausführungen. Das Wort "fruchtig" sorgte dann noch mehrfach für Diskussionsstoff. Nicht wenige im Saal glaubten, dass Weil das Anbaugebiet damit in die liebliche und edelsüße Ecke stellen wolle. Das wolle er mitnichten, versicherte Weil mehrfach. Gute Classic- und Selectionsweine, die idealen Essensbegleiter, gehörten natürlich auch an der Mosel ins Sortiment. Jeder Winzer solle in der Individualität seinen Weg suchen. Weil: "Schließlich ist die Menge beim Riesling überschaubar." Die Ausgangsposition für Mosel, Saar und Ruwer sei nicht schlecht. Weil: "Sie sind in einer absolut privilegierten Situation." Die nicht unerhebliche Einschränkung folgte aber sofort: "Wenn richtig gehandelt wird." Rolf Haxel, Vorsitzender des Kreisbauern- und Winzerverbandes Cochem-Zell, sprach das Schlusswort bei der Weinbautag-Premiere: Es waren Sätze, die Eindruck hinterließen, die so etwas wie Aufbruchstimmung vermittelten. "Der Funke ist übergesprungen", sagte er. Haxels Forderung: "Wir sind nicht nur Bewahrer, sondern auch Beweger. Führen Sie die Diskussion über die Visionen 2020 zu Hause weiter."

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