Bühne frei für die Passionsspiele

WINTRICH. Nur noch wenige Tage sind es, bis sich in der Wintricher Pfarrkirche St. Stephanus der Vorhang hebt und nahezu 200 Darsteller und Sänger die Leidensgeschichte Jesu spielen und die Botschaft der Auferstehung dem Publikum nahebringen.

Wintrich ist gerüstet für seine besondere Zeitspanne von Anfang März bis Mitte Mai, wenn im Moselort die Passionsspiele über die Bühne gehen. Violettfarbene Fahnen flattern an Häusern und Straßen im Wind und künden vom nahenden Ereignis. Die Mitwirkenden sind schon lange eingetaucht in die Antike, kennen die Szenen und ihre Textpassagen in- und auswendig. Auch in und um die Kirche herum hat sich Großes getan. Der Altarraum ist zur eindrucksvollen Passionsspielbühne geworden, im Kirchenschiff sind die Holzbänke aufsteigenden Stuhlreihen mit 333 Zuschauerplätzen gewichen. Draußen an der Kirche haben 50 starke Männer mit Muskelkraft eine Versorgungs-Zeltstadt für Mitwirkende und Besucher aufgebaut. Das Zelt füllt sich, zur Hauptprobe strömen große und kleine Akteure herbei. Umringt von Darstellern, Sängern, Kindern und Römern gibt Spielleiter Dirk Kessler letzte Anweisungen. Authenzität ist oberstes Gebot. Das bedeutet auch: "Uhren, Brillen und Eheringe ausziehen". Geschäftiges Treiben herrscht in allen Ecken - hier wird noch schnell letzte Schmink-Hand angelegt, dort der Umhang zurechtgezupft, der Schleier gerichtet oder die Sandale geschnürt. Dann heißt es "Fertigmachen zum Einzug in Jersualem". Ein bisschen Lampenfieber gehört für die Kinder dazu

 Die Kinder freuen sich auf ihren Einsatz bei den Wintricher Passionsspielen. TV-Foto: Marita Blahak

Die Kinder freuen sich auf ihren Einsatz bei den Wintricher Passionsspielen. TV-Foto: Marita Blahak

Die Kinder sammeln rasch die Teile ihres Archimedes-Puzzlespieles ein. 26 Mädchen und Jungen wirken mit, vom Baby bis zum Jugendlichen. Auf dem Arm der Mutter erlebte auch der heute sechsjährige Simon die Passion 2002. Nun wartet er inmitten der Kinderschar auf seinen Auftritt. Ein bischen Lampenfieber und Kribbeln im Bauch gehört für die Jüngsten einfach dazu, wenn der Vorhang sich zum ersten Mal hebt und sie vor Publikum stehen. Bei den Passionsspielen mitzuwirken, könne man nicht mit Theaterspielen vergleichen, betont Veronika Beringhoff. "Hier aktiv dabeizusein, ist schon etwas ganz Besonderes, dafür opfert man gerne seine Freizeit." In der Gemeinschaft mit den Großen auf der Bühne zu stehen, ein Teil in der Passion Christi zu sein, das bedeutet für die jungen Darsteller ein herausragendes Erlebnis. Gerade auch für diejenigen, die in der Passionsspielphase am Weißen Sonntag ihre Erstkommunion feiern. "Und wenn man in die historische Gewandung schlüpft, dann taucht man so richtig ein in die Geschichte, dann wird aus Spiel fast Wirklichkeit", kommt es wie aus einem Munde. "Jetzt wird's ernst in Jersualem", bemerkt Paul Kilburg, der zum dritten Mal den "Blinden" spielt. Auch für Sängerin Helga Gerten, die mit Ulla Könen und Hans-Otto Linden die Chorgemeinschaft betreut, bedeutet das Miterleben immer wieder eine schöne Aufgabe. "Wer einmal mitgemacht hat, der wird immer wieder dabei sein wollen." Die Neulinge Julia, Timo, Sophie, Elena und Nadine prüfen noch einmal, ob Kleidung und Sandalen richtig sitzen und eilen mit Juliana, Veronika, Franziska, Michael, Anna Sophia, Simon, Jan und Kevin freudig rufend Jesus entgegen.

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