Dampf für bessere Zeiten

BINSFELD. Ein Symbol für die Geschichte des Ortes hat einen festen Platz bekommen. Die restaurierte Lok 2 der Kleinbahn nach Philippsheim steht wieder an ihrem ursprünglichen Platz, dem alten Lokschuppen - diesmal als Denkmal.

Zwei Männer, die zweifellos gerne bei der Einweihungsfeier dabei gewesen wären, sind kürzlich verstorben: der ehemalige Lokführer und der Verfasser eines Buches über die Kleinbahn, die Jahrzehnte lang zwischen Binsfeld und Philippsheim verkehrte. Zwei andere Männer jedoch durften am Wochenende erleben, wie "ihre" alte Lok einen festen Platz im Erscheinungsbild des Ortes bekommen hat. Der frühere Heizer Jakob Zwilling und der Zugführer Matthias Schommer enthüllten die aufwendig restaurierte Lokomotive. Schommer erinnert sich noch gut an die zwei Kilometer Steigungen im Kammerforster Wald. Auch sonst kennt er erstaunlich viele Eckdaten der alten Kleinbahn. "Die Strecke war insgesamt acht Kilometer und 100 Meter lang", erzählt der rüstige Rentner. "Wir mussten einen Höhenunterschied von 124 Metern überwinden." Da musste kräftig angeheizt werden. Auch Schommer war, wie sein Kollege Zwilling, zunächst Heizer auf der Kleinbahn, ehe eines Tages ein Zugführer gesucht wurde. Zur Einweihung der Lok 2 präsentierten die Kindergartenkinder zusammen mit Leiterin Gundi Jung Lieder, Gedichte und Singspiele. Schließlich hat die Lok in noch unrestauriertem Zustand viele Jahre neben dem alten Kindergarten "geparkt". Vikar Wilhelm Reichardt gab dem Denkmal seinen Segen. Er bezeichnete die Lok als sehr symbolträchtig für die gesamte Lebensreise eines Menschen.Symbol für den Aufschwung der Region

Symbol ist die Lok auch in anderer Hinsicht - darauf wiesen Oskar Lautwein, Beigeordneter der Verbandsgemeinde, und Bürgermeister Lothar Herres in ihren Ansprachen. Seit dem 6. Mai 1900, dem Tag der Jungfernfahrt der Lok, hat die Bahn erheblich zur wirtschaftlichen Entwicklung Binsfelds beigetragen. Die Strecke war die Verbindung der ländlichen Region mit der Außenwelt. Der Abtransport von Ton, Ziegeln und Holz war durch den Anschluss an die Bahnlinie Euskirchen - Trier gesichert. Die längst zu teuer gewordene Beförderung via Pferdefuhrwerk konnte beendet werden. Zurück in die Eifel kamen, auch das weiß Schommer noch sehr genau, in erster Linie Briketts und Kunstdünger. "Kurz vor 1914 betrug das Frachtaufkommen jährlich immerhin 33 000 Tonnen", erinnerte sich Herres. Im Zeitraum danach machte die "große" Geschichte auch vor der Kleinbahn nicht halt: Drastisch ging der Absatz von Tonerde während des ersten Weltkrieges zurück, nach 1918 wurde der Frachtbetrieb durch die Besatzungsmacht stark behindert. In den 20er Jahren war zunächst ein wirtschaftlicher Aufschwung spürbar, bevor die Weltwirtschaftskrise und der Zweite Weltkrieg den Betrieb zum Erliegen brachten. Selbst die Schienen wurden damals eingeschmolzen: Stahl für noch mehr Bomben musste her. Ab März 1946 fuhr die Kleinbahn zwischen Binsfeld und Philippsheim wieder. Für den Bau des Flugplatzes Spangdahlem transportierte die Bahn viel Material. Darum verwundert es auch kaum, dass sich bis heute eine große Liebe der Amerikaner zu der Kleinbahn gehalten hat: 3681 Dollar hat die 52. Security Police gesammelt und damit den Transport der Lok 2 nach Meiningen/Thüringen gesichert, wo sie aufwändig restauriert wurde. Geliebt wurde die Lokomotive eigentlich immer. Als 1965 die betriebsführende Moselbahn nicht zu einer außerplanmäßigen Abschiedsfahrt bereit war, organisierten die damaligen Bediensteten sie kurzerhand selbst. Am 9. August fuhr das Bähnchen noch einmal, diesmal mit einer schwarzen Fahne geschmückt. Viele Binsfelder erlebten die Fahrt in einem angehängten Güterwagen mit. Nun steht die Lok an einem zentralen Platz: Prunkvoll restauriert und witterungsschonend überdacht in ihrem ehemaligen Lokschuppen.

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