Das Dorf der fleißigen Bauarbeiter

KAUTENBACH. Wer Traben-Trarbach sagt, denkt sicher nicht an Kautenbach. Dabei ist Kautenbach seit 35 Jahren Teil der bekannten Doppelstadt.

Irgendwie passt der bescheidene Ort in dem engen Tal nicht zu dem weltmännischen, feinen Mosel-Städtchen. Kautenbach war nie reich. Seine Einwohner verdienten ihr Geld zumeist als Arbeiter in Schieferbergwerken, in Erzgruben oder auf dem Bau. "Bis Anfang des 20. Jahrhunderts arbeiteten die Kautenbacher Männer fast ausschließlich als Maurer, Küfer und Weinbergsarbeiter", sagt Ortsvorsteher Edwin Gesser. Seit 30 Jahren ist der heute 61-Jährige Vorsteher des kleinen Stadtteils, und auch er verdient sein Geld bei einem Traben-Trarbacher Bauunternehmen. Die Kautenbacher gingen in die Erzgruben der Umgebung, sie arbeiteten in der Papiermühle im Ort, oder sie schufteten auf dem Bau - oft weit weg von der Heimat. Daher waren sie nur am Wochenende bei der Familie. Heute sind die größeren Unternehmen in Traben-Trarbach, beispielsweise Caesar, die wichtigsten Arbeitgeber; viele Kautenbacher pendeln auch täglich zum Industriestandort Wittlich.Aus der Schule wurde das Bürgerhaus

Zurzeit leben etwa 240 Menschen in dem Ort, der nur eine kurze Zeit - von 1962 bis 1969 - eine eigenständige Gemeinde war. Davor war Kautenbach geteilt: Ein Teil gehörte zum katholischen Graach, der andere zum protestantischen Fronhofen. Die natürliche Grenze bildete der Kautenbach. Kautenbach teilt heute das Schicksal vieler Orte dieser Größenordnung auf dem Land: Es gibt keinen Lebensmittelladen mehr, keinen Metzger, keinen Bäcker, keine Post und auch kein einziges Gasthaus. Gesellschaftlicher Mittelpunkt ist das Bürgerhaus in der Dorfmitte. 1964 wurde es gebaut, damals als Volksschule, in der aber nur sechs Jahre lang das Einmaleins sowie Lesen und Schreiben vom Dorflehrer unterrichtet wurden. Seit 1970 gehen die Kautenbacher Kinder in die Traben-Trarbacher Grundschule, ein Bus bringt die Kleinen in die Stadt. Das gleiche gilt für die Kindergartenkinder. In den vergangenen Jahren haben sich einige junge Familien in Kautenbach niedergelassen, vor allem deshalb, weil manches leer stehende Haus sehr günstig zu erwerben war. Ruhe und Beschaulichkeit sind in Kautenbach garantiert, dafür muss man aber auf so manches Vergnügen verzichten. Allerdings nicht ganz, denn die beiden Vereine im Ort, der Sportverein und die katholische Frauengemeinschaft (bei der selbstverständlich auch evangelische Frauen willkommen sind), bieten im Laufe des Jahres jede Menge Veranstaltungen an. Kein Wunder, dass fast zwei Drittel aller Dorfbewohner Mitglied in einem dieser rührigen Vereine sind. Die meisten kleinen und großen Feste finden im Bürgerhaus statt. Ob Kappensitzungen, Altencafé, Erste-Mai-Feier, Nikolausfeier für die Kinder oder Weihnachtsfeier der Vereine: Wer die Geselligkeit sucht - und das tun die meisten - findet auch das für ihn passende Angebot. Daneben bietet das Bürgerhaus, in dem sich eine komplett eingerichtete Küche befindet, Platz für private Festlichkeiten. Das etwas abgeschiedene Kautenbach fand in den vergangenen 20 Jahren auch gelegentlich überregionales Interesse. Von 1982 an bis vor wenigen Monaten befand sich im Bürgerhaus Kautenbach das Ikonenzentrum Alexej Saweljew. Dort war das geistige und handwerklich einmalige Lebenswerk Saweljews ausgestellt. Mit dem Bau des "Hauses der Ikonen" in der Trarbacher Altstadt neben dem alten Stadtturm wurden diese Räume im September dieses Jahres wieder frei.

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