Das Ende einer durchzechten Nacht: 23-Jähriger muss ins Gefängnis

Trier/Wittlich/Ediger-Eller · Er fuhr mit seinen drei Kumpels schwarz im Zug, war verwickelt in eine Schlägerei an der Mosel und soll Schmiere gestanden haben, während die anderen einen 18-Jährigen in Wittlich überfielen. Ganz klar: Der Hauptübeltäter war der 23-Jährige nicht an jenem Abend Ende Oktober 2014. Dennoch muss er für eineinhalb Jahre ins Gefängnis. Seine etlichen Vorstrafen wogen am Donnerstag schwer vor dem Trierer Landgericht .

Zwischen Siegesgewissheit und Niedergeschlagenheit liegen manchmal nur wenige Stunden. "Das geht heute gut aus für mich", bedeutet der 23-jährige Angeklagte augenscheinlich völlig entspannt am Donnerstagmorgen seinen Freunden, die den Prozess vor der Dritten Großen Strafkammer des Trierer Landgerichts verfolgen. Vier Stunden später, als Dr. Wolfgang Bohnen nach dem Ende der Beweisaufnahme eine Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren ohne Bewährung beantragt hat, klingt der junge Mann aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich erschüttert: "Wenn ich das so im Nachhinein höre, wäre ich besser zuhause geblieben!" Doch zuhause bleiben wollte der Angeklagte nicht an jenem Abend Ende Oktober 2014.

Kurz zuvor hatte er von offizieller Stelle 477 Euro überwiesen bekommen als Fahrgeld, um Berufsvorbereitungskurse besuchen zu können. Viel Geld für den arbeitslosen jungen Mann, der erst im April 2014 auf Bewährung aus der Jugendstrafanstalt entlassen worden war. Er wollte mit drei Kumpels - zwei davon Gefängnisbekanntschaften - einen draufmachen und zeigte sich dabei von seiner großzügigen Seite: Die Nacht endete in Trier im Club Pearls, wo der Angeklagte seinen Freunden eine Frau "spendierte".

Das Geld für das Ticket für die Bahnfahrt ein paar Stunden vorher von Cochem nach Trier dagegen saß offenbar nicht so locker: In Ediger-Eller warf eine Zugbegleiterin die vier Männer aus der Bahn. Die Stimmung war aufgeheizt, eine Flasche flog gegen den Zug, ein 20-Jähriger pöbelte: "Ich schlitz' dich auf, du Hure." Die Lage eskalierte endgültig, als die Vier in eine Straußwirtschaft wollten, in der eine private Feier stattfand. Der 20-Jährige zettelte eine Schlägerei an, auch der Angeklagte mischte mit. Zum Prozessauftakt hatte der 23-Jährige zwar noch bestritten, selbst zugeschlagen zu haben (der TV berichtete). Am Donnerstag jedoch rudert er zurück. "Er weiß es nicht mehr so genau", erklärt sein Verteidiger Pierre Wolff.

Nach der Schlägerei fuhr die Truppe an dem Abend mit dem Taxi weiter nach Wittlich - wieder zückte der Angeklagte sein Portemonnaie. In Wengerohr umzingelten seine drei Begleiter - erneut vorneweg der 20-Jährige - einen 18-Jährigen, nahmen ihm unter Drohungen Geld und eine Wodkaflasche ab und versetzten ihm einen Schlag ins Gesicht. Der Angeklagte habe Schmiere gestanden, sagt das Opfer. Der 23-Jährige bestreitet das. "Im Zweifel für den Angeklagten", meint daher sein Verteidiger, der eine Verurteilung wegen Schwarzfahrens und gemeinschaftlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung beantragt.

Der 23-Jährige habe sich neben dem Schwarzfahren und der gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung auch noch einer Beihilfe zur räuberischen Erpressung sowie zur Körperverletzung schuldig gemacht, meint dagegen Richter Armin Hardt. Der Angeklagte habe sich in Wengerohr bewusst an einer Straßenecke postiert, um seine Freunde notfalls warnen zu können. Das Gericht verurteilt den mehrfach vorbestraften Mann zu einer Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren. Ohne Bewährung - dafür, so Hardt, sei der Angeklagte in der Vergangenheit zu oft auch unter noch laufender Bewährung straffällig geworden. Der 23-Jährige ist sichtlich fassungslos.
Extra
Da die drei Bekannten des Angeklagten maximal 21 Jahre alt sind, gelten sie im strafrechtlichen Sinne als Heranwachsende, sodass noch eine Verurteilung nach dem Jugendstrafrecht möglich ist. Deswegen müssen sie sich im Gegensatz zu dem 23-Jährigen als Heranwachsende vor einem Amtsgericht verantworten. So wird etwa voraussichtlich im April das Jugendschöffengericht am Bernkastel-Kueser Amtsgericht ein Urteil gegen den mutmaßlichen Haupttäter sprechen. neb

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