Das Ende einer majestätischen Erscheinung

ALTRICH. Jetzt ist sie weg: Rund 200 Jahre stand die "Königsbuche" im Altricher Gemeindewald. Aus Sicherheitsgründen hat der Ortsbürgermeister nun das altersschwache Naturdenkmal fällen lassen und sich damit heftige Kritik von Bürgern und Mitgliedern des Gemeinderats eingehandelt.

Vielen Spaziergängern, die in den vergangenen Tagen im AltricherGemeindewald unterwegs waren, verschlug es bei dem traurigenAnblick am Wegesrand beinahe die Sprache. Statt sich majestätisch30 Meter in die Höhe zu erheben, liegt die über 200 Jahre alteKönigsbuche mittlerweile gefällt am Boden. Das Ende einesgeschützten Naturdenkmals, das einige Altricher auf die Palmebringt. "Man kann doch die Königsbuche nicht in einer Nacht- undNebelaktion einfach umhauen", entrüstet sich eine Frau, dieanonym bleiben möchte, telefonisch beim TV . Bürgermeister Bonny: "Baum war total morsch"

"Der Baum war innen total morsch und verfault. Da war nichts mehr zu machen", sagt hingegen Ortsbürgermeister Dieter Bonny. Er war vom Forstamt Wittlich auf den schlechten Zustand des Baumes aufmerksam gemacht worden und hatte vor etwa vier Wochen bei einer Waldbegehung mit dem Revierförster die Fällung der Königsbuche angeordnet. "Ich habe als Bürgermeister die Verkehrssicherungspflicht. Wenn der Baum auf den Wirtschaftsweg gefallen wäre und einen Fußgänger erschlagen hätte, dann wäre ich reif gewesen", begründet Bonny seine Entscheidung, die von der Öffentlichkeit lange Zeit unbemerkt blieb.

Auch für Stefan Wiegand, Leiter des Forstamts Wittlich, ist der Fall eindeutig.

"Da war akute Gefahr im Verzug. Bei Südwest-Wind hätte die Königsbuche zwei andere Buchen mitreißen können. Die wären dann auf die A 60 geknallt", sagt Wiegand. Denn das Naturdenkmal "Königsbuche" stand bis vor kurzem in unmittelbarer Nähe der neuen Autobahntrasse und gab sogar einer 170 Meter langen und 16 Meter hohen Talbrücke ihren Namen. Diese dient dem Erhalt des "Achtergrabens", einer darunter liegenden ökologisch wertvollen Bachaue.

Für die Fällung der Königsbuche hätten die Forstarbeiter nicht mal eine Motorsäge einsetzen müssen, sagt Bonny. Als sie mit einem Rückegerät und Seilen zunächst die Standfestigkeit des altersschwachen Baumes überprüft hätten, sei der Baum schon nach kurzer Zeit komplett zusammengebrochen, erzählt der Ortsbürgermeister.

Doch das Vorgehen von Bonny ist in Altrich nicht unumstritten. "Wir sind im Vorfeld definitiv nicht informiert worden. Bei keiner Waldbegehung und bei keiner Gemeinderatssitzung ist das Thema 'Königsbuche' je zur Sprache gekommen", kritisiert Josef Manten, zweiter Beigeordneter der 1500-Einwohner-Gemeinde, den "Alleingang" des Ortsbürgermeisters. Von der Fällung der "Königsbuche" sei der Gemeinderat erst am 27. März in Kenntnis gesetzt worden, sagt Manten weiter und wirft Bonny einen Verstoß gegen Paragraph 22 des Landespflegegesetzes vor.

"Seiner Verkehrsicherungspflicht wäre der Ortsbürgermeister auch dann nachgekommen, wenn er die Kreisverwaltung über den Zustand der Königsbuche informiert hätte. Die hätte dann entscheiden müssen, ob die Königsbuche gefällt werden muss oder nicht", argumentiert Manten.

Vorherige Genehmigung der Kreisverwaltung fehlte

"Das wäre der richtige Weg gewesen, der zwingend einzuhalten ist", bestätigt Alfons Kuhnen, Pressesprecher der Kreisverwaltung. Jede Veränderung an förmlich geschützten Naturdenkmälern - im Kreis Bernkastel-Wittlich gibt es derzeit 152 - sei grundsätzlich nur mit Genehmigung der Kreisverwaltung als untere Landespflegebehörde zulässig, erläutert Kuhnen die gesetzliche Regelung.

Die Kreisverwaltung sei im Fall "Königsbuche" aber erst im Nachhinein durch ein Schreiben des Altricher Ortsbürgermeisters über die Beseitigung des Naturdenkmals unterrichtet worden. Kuhnen spricht in diesem Zusammenhang zwar von einem "ungewöhnlichen Vorgehen" Bonnys, sieht aber gleichwohl keinen Anlass, dass die Kreisverwaltung Konsequenzen gegen den Altricher Gemeindechef ergreift.

"Bei grobem Vorsatz oder Fahrlässigkeit gibt es die Möglichkeit, ein Bußgeld zu verhängen. Uns liegen aber keine Indizien vor, dass die Königsbuche nicht tatsächlich aus Sicherheitsgründen gefällt werden musste", sagt Kuhnen.

Um einen Wiederholungsfall zu vermeiden, habe die Kreisverwaltung aber erst vor wenigen Tagen alle Forstämter angeschrieben, um noch einmal nachdrücklich klarzustellen, dass die Entscheidung über Sanierung oder Beseitigung von Naturdenkmälern Sache der Kreisverwaltung ist.

Für viele Altricher, die stolz auf ihre Königsbuche waren, ist dies nur ein kleiner Trost.

Ihren Sonntagsspaziergang werden die Altricher nun wohl in erster Linie zum einzig verbleibenden Naturdenkmal in ihrer Gemeinde lenken - der "Dicken Eiche", die zwar schon mehr als 300 Jahre auf dem Buckel hat, vor einigen Jahren aber saniert wurde.

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