"Das Geld den Reichen abknöpfen"

BERNKASTEL-WITTLICH. (gel) Zu den unangenehmeren Formen des Wahlkampfs gehört zweifelsfrei das "Klinkenputzen". Also wie ein Staubsaugervertreter von Haustür zu Haustür ziehen, um ein Produkt – in diesem Fall das Wahlprogramm – vorzustellen. "Das ist politische Pflichtaufgabe für jemanden, der in den Bundestag einziehen will", sagt Bernhard Hilgers, Direktkandidat der Linkspartei im Eifelwahlkreis 204. Ihn hat der TV bei seinem Weg durch die Häuser begleitet.

Irgendwie birgt so ein Gang von Haus zu Haus immer eine Ungewissheit: Wie reagieren die Leute? Öffnen sie überhaupt, oder schlagen sie einem die Tür vor der Nase zu? Sind sie freundlich oder aggressiv, oder kommt ein bissiger Bullterrier zur Tür raus geschossen. Letzteres ist nicht der Fall. Dennoch hat Hilgers auf den Besuch eines Hauses verzichtet, weil im Vorgarten ein finster dreinschauender Hund bellend herumläuft. Ansonsten bekommt er jede Reaktion zu spüren, die man sich vorstellen kann. Ein Beispiel: "Guten Tag. Mein Name ist Bernhard Hilgers. Ich bin der Direktkandidat der Linkspartei, darf ich Ihnen..." Weiter kommt er nicht, weil ihm die resolute Dame, verbunden mit einem lauten " Nein!", die Tür vor der Nase zuschlägt.Ein paar Häuser weiter bittet ihn ein Kind in den Garten zu Papa und Opa, offensichtlich türkische Mitbürger. Nachdem sich Hilgers vorgestellt hat, schimpft einer der Männer wie ein Rohrspatz über alle Politiker und sagt dann: "Ich darf nicht wählen, weil ich keine deutsche Staatsbürgerschaft habe." Nach einem kurzen Gespräch, wie es ihm denn sonst in Deutschland gefällt, geht es weiter. Im Nachbarhaus öffnet eine ältere Dame: "Ach, die Politik", stöhnt sie. "Ich bin 85, da hab ich doch mit Politik nichts mehr am Hut." Hilgers unterhält sich mit ihr und lässt Prospekte da. An der nächsten Tür beginnt er mit einer Frage: "Können Sie sich vorstellen, die Linkspartei zu wählen?""Auf keinen Fall", sagt die Dame. "Lafontaine ist ja so ein Betrüger, der erzählt uns das Blaue vom Himmel, aber das alles ist ja gar nicht zu finanzieren." "Doch", sagt Hilgers. "Unter anderem wollen wir den Reichen das Geld abknöpfen und es den ,kleinen Leuten' geben." Das überzeugt die Dame nicht so recht.

Eine Frau auf der anderen Straßenseite hat davon mitbekommen. Mit ihr kommt Hilgers ins Gespräch und erfährt, dass sie noch unentschlossen ist. Ob denn die Linkspartei für sie in Frage käme, fragt er. "Die PDS find' ich positiv", sagt sie und: "Gysi gefällt mir, weil er sagt, was er denkt."

An der Haustür einer Rentnerin trifft er schließlich eine überzeugte Anhängerin der Linkspartei. "Die etablierten Parteien unterscheiden sich in nichts, sie sind in ihren Ideen ausgelaugt", sagt sie. "Die Linkspartei ist eine Art Frischzellenkur, weil sie einige gute Ideen aus dem Sozialismus mit einbringt und sich für den kleinen Mann auf der Straße einsetzt."

Auf seinem Weg stößt Hilgers einige Male auf Menschen, die offen zugeben, von Politik keine Ahnung zu haben. Eine jüngere Dame wirft aus Unwissenheit die Linkspartei sogar mit Rechtsradikalen in einen Topf, und zwei Mitbürger geben zu, nicht wählen zu gehen. Einer von ihnen sagt: Ich glaube nicht, dass irgendeiner der Politiker eine Idee hat, wie es weitergehen soll."

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