Das menschliche Antlitz der SPD

Bei der Diskussionsveranstaltung der SPD mit Andrea Nahles kommt die Bundespolitikerin gut an — zumindest bei den Menschen, die da sind. Etwa 35 Zuhörer sind in den Lindenhof gekommen.

 Bundesprominenz in Wittlich: Andrea Nahles mit Marcus Heintel und Dieter Burgard bei einer Diskussionsveranstaltung im Lindenhof. TV-Foto: Marion Maier

Bundesprominenz in Wittlich: Andrea Nahles mit Marcus Heintel und Dieter Burgard bei einer Diskussionsveranstaltung im Lindenhof. TV-Foto: Marion Maier

Wittlich. "Hallo Andrea!" Küsschen links, Küsschen rechts. Die Begrüßung von Andrea Nahles am Dienstagabend im Hotel Lindenhof ist familiär.Der ganze Abend bleibt so, denn gerade mal etwa 35 überwiegend ältere Zuhörer kommen zur Diskussionsveranstaltung mit der zukünftigen stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden.Eigentlich bräuchte Dieter Burgard die 37-Jährige, die aus Weiler bei Mayen stammt, nicht vorzustellen. Der SPD-Kreisvorsitzende tut es trotzdem. Als er erwähnt, dass Nahles mit 18 Jahren in ihrer Heimat den SPD-Ortsverein gegründet hat, unterbricht ihn ein Zwischenapplaus. Bei den aktuellen Nachwuchssorgen der SPD ist so was heute wohl kaum noch vorstellbar.Kaum vorstellbar ist auch, dass eine Politikerin mit dem Thema "Der vorsorgende Sozialstaat" zweieinhalb interessante, streckenweise unterhaltsame Stunden bestreiten kann. Doch Nahles kann. Geschickt weitet sie das geplante Thema "Das neue SPD-Grundsatzprogramm" aus und spricht über Perspektiven. In einem 25-minütigen Referat erfahren die Zuhörer, was sich die zu den Parteilinken zählende Nahles für 2020 wünscht. Es klingt nach menschlicher Politik. Jedes Kind soll — unabhängig vom Geldbeutel — auf die Schule gehen können, auf die es gehört. Beim Thema Arbeit fordert Nahles Lohn, der zum Leben reicht, Jobs, die Zeit zum Leben, Lieben und Kinder haben lassen und nicht durch Leistungsverdichtung und Druck krank mache und sie beschwört die Vision herauf von dem Land mit den besten Erwerbschancen für Ältere.Egal, um welches Thema es geht, Nahles schafft es, das Politische mit dem Persönlichen zu verbinden und authentisch zu wirken. Da ist die Rede von den schlechten Startbedingungen des katholischen Arbeitermädchens vom Land, das sie einst war. Oder sie erwähnt die Arbeitslosen aus der Bürgersprechstunde, für die ihr Zustand Demütigung bedeutet.Nahles schimpft zwar schon mal, wirkt aber immer optimistisch-kämpferisch. Leichtfüßig und kenntnisreich behandelt sie alle möglichen Themen, ob Rentenversicherung oder Mietpolitik. Auch in der anschließenden Gesprächsrunde, in der die Fragen behandelt werden, die die Genossen auf einem Zettel nach vorne gegeben haben, geht das so. Der Dank nach zweieinhalb Stunden: aufrichtiger Applaus. Alle Fragen scheinen beantwortet. Nur eine bleibt offen: Wieso kamen bei allein 780 SPD-Mitgliedern im Kreis so wenig Menschen? Die Genossen zucken die Achseln. Hoffnungsvoll meint einer: "Es werden bestimmt mehr, wenn sie in ein paar Jahren als Kanzlerkandidatin da ist."

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