"Das wird eine Zerreißprobe für uns"

MANDERSCHEID. Einen weitgehend positiven Blick in die Zukunft haben die Landwirte bei der Aschermittwochstagung des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Nassau im Manderscheider Kurhaus gewagt. Dennoch gab es auch kritische Worte zum Thema Milchpreise, EU-Politik und Molkereistruktur.

"Verbandsarbeit in schwieriger Zeit" lautete der Titel der Rede von Josef Derstappen, Hauptgeschäftsführer des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Nassau. Der Blick auf die Einladung hörte sich zunächst somit nicht sehr optimistisch an. Wolfgang Schmitz, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Manderscheid, wollte gleich zu Beginn in seiner Begrüßung aber allzu viel Pessimismus erst gar nicht aufkommen lassen. "Die Landwirtschaft hat schon weitaus schlimmere Zeiten erlebt. Und der Beruf des Landwirts ist nach wie vor sehr reizvoll", sagte er. So ging es dann bei der Tagung vor allem darum, Einheit und Geschlossenheit zu demonstrieren und positiv in die Zukunft zu blicken. Deutliche Worte in Richtung Regierung, Molkereien und Einzelhandel blieben aber trotzdem nicht aus. So kritisierte Manfred Zelder, Kreisvorsitzender des Verbands, vor allem die Dumpingpreise für Milch, "die oft zu Ramschpreisen regelrecht verschleudert wird". Keinen Zweifel daran ließ er, dass sich der Bauernverband dies nicht gefallen lasse: "Auf solche Aktionen von Supermärkten und Discountern, bei denen unsere Milch verramscht wird, werden wir sofort reagieren - mit Demonstrationen zum Beispiel." In die gleiche Kerbe schlug Josef Derstappen: "Angesichts steigender Kosten, vor allem bei den Energie- und Futterkosten, sind die Einkommen der meisten Milchbauern absolut unbefriedigend." Dafür seien unter anderem auch die Lebensmittelhändler verantwortlich.Kritische, aber auch versöhnliche Worte

Hatte die Aschermittwochstagung in den vergangenen Jahren oft dazu gedient, gegen die damalige rot-grüne Regierung zu wettern, so gab es für die Große Koalition in Berlin dieses Mal - zumindest teilweise - versöhnlichere Worte. Mittlerweile gelte die Land- und Forstwirtschaft nämlich nicht mehr als Eingriff in die Natur. Manfred Zelder: "Das ist eine Anerkennung der guten fachlichen Praxis." Hoffnungen, "dass sich in einigen Bereichen etwas verbessern wird" (Derstappen), setzt der Bauern- und Winzerverband zudem in die EU-Ratspräsidentschaft, die Deutschland seit dem 1. Januar inne hat. Der Hauptgeschäftsführer verriet außerdem , dass sich der Verband in Gesprächen mit der Landesregierung befinde, was das Thema Entbürokratisierung in der Landwirtschaft betrifft. "Minister Hendrik Hering hat eine entsprechende Initiative ins Gespräch gebracht. Wir hoffen nun, dass sie auch durchgesetzt wird." Es sei dringend nötig, die immer größer werdenden Kosten für Bürokratie dauerhaft einzudämmen. Die Entscheidung der Milch-Union Hocheifel und der Humana Milchunion, nicht zu fusionieren, kommentierte Derstappen mit gemischten Gefühlen: "Wir müssen die Entscheidung akzeptieren und respektieren. Das Ja-Wort des Jahres 2007 hat eben nur 75 Tage gehalten." Visionen und Wünsche für die Zukunft ließ er aber trotzdem durchblicken: "Der Verband würde eine Fusion zwischen der Milch-Union Hocheifel und der Hochwald-Molkerei in Thalfang sehr begrüßen. Aber auch hier können wir nichts erzwingen." Aufgegriffen wurde von Derstappen auch das Dauerbrenner-Thema "Milchquote": "Man erreicht mit der Milchquote nur dann höhere Preise, wenn man die Quote reduziert." Dieses Ziel sei jedoch nicht erreicht worden, statt dessen werde die Milchquote nach dem derzeitigen Stand der Diskussionen am 1. April 2015 auslaufen. "Das wird eine große Zerreißprobe für unseren Berufsstand."Wenige Landwirte zahlen für viele

Zudem forderte Derstappen eine größere Beitragsgerechtigkeit bei der landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Problematisch sei dies vor allem im Hinblick auf alte Lasten: "Die heutigen Landwirte müssen die Renten der früheren Bauern zahlen." Dies sei in den Augen des Verbands nicht gerecht. Nach seinem Streifzug durch die aktuellen Themen der Agrarpolitik machte Derstappen dann noch einmal klar: "Wir müssen uns weiterentwickeln als Verband." So könnten sich die Bauern auch in schwierigen Zeiten darauf verlassen, dass der Verband ihre Interessen wahrnehme.

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