Daten, Fotos – aber vor allem Geschichten

HEIDENBURG. Nachdem die Heidenburger Ortschronik erschienen ist, soll nun ein "Familienbuch" die Geschichte der Menschen beleuchten.

Unehelicher Nachwuchs in gut situierten ländlichen Familien? So etwas hat es auch in früheren Generationen gegeben. Und wer denkt, dass "Patchwork"-Familien ein Phänomen der Neuzeit seien, der irrt. Denn zumindest für die oft früh verwitweten Männer war es gang und gäbe, zweimal oder auch öfter zu heiraten. Nicht selten fiel die Wahl dann auf eine jüngere Frau, vielleicht auch eine Verwandte der Verstorbenen. Es kam aber auch vor, dass die neue Gattin eigene Kinder in die Ehe brachte. Verzwickte Kreuz- und Quer-Verwandtschaften gab es also auch damals schon. In früheren Großfamilien war es nur einfacher, dies zu organisieren. Wer sich in Archiven auf Spurensuche nach Familienbanden begibt, braucht daher schon etwas Erfahrung, um den Faden nicht zu verlieren. Hilfreich sind dabei oft die Namen der Paten, die oft gleich hinter den Eltern rangierten. Ebenso können "geliehene Paten", die etwa für den kriegsbedingt verhinderten eigentlichen Paten einsprangen, Aufschluss geben über Verwandtschaftsverhältnisse. Eine Gruppe Heidenburger ist mittlerweile recht versiert im Auswerten von Daten. Seit Monaten beschäftigen sich rund ein Dutzend Männer und Frauen mit ihren Vorfahren. Dabei ist es weniger ihre Aufgabe, die reinen Daten aufzulisten. Den Fragen, wer wurde wann und wo geboren, wann hat er wen geheiratet, und wer sind die Kinder, geht in erster Linie Rolf Blasius nach. Der im Westerwald lebende Heidenburger Chronist folgt bei seinen Recherchen in Archiven, Kataster- und Notarunterlagen oder Militär-Dokumenten auch den Spuren der eigenen Vorfahren, die aus dem Ort stammen. Die Aufgabe des ihn unterstützenden Hobby-Chronisten-Teams ist es, die Daten mit Leben zu füllen. Die freiwilligen Helfer - weitere können sich jederzeit melden - forschen in der Geschichte der jeweils eigenen Vorfahren. Ihr Augenmerk gilt den alltäglichen "Geschichten" der Menschen. Was ist noch bekannt aus deren Schulzeit oder vom Arbeits-, Familien- und Vereinsleben? Die Nachfahren tragen Fotos, Briefe, Notizbücher und Urkunden zusammen und besuchen ältere Verwandte, die vielleicht noch Anekdoten zu berichten wissen. Gefragt sind auch Spitznamen oder frühere Hausnamen, die sich von Generation zu Generation "vererben". So ist "Hulen Jusep" noch heute vielen Heidenburgern ein Begriff. Von Interesse ist aber auch, wo im Ort die einzelnen Familien lebten. Mit all diesen Daten und Informationen will Heidenburg ein etwas anderes "Einwohner- und Familienbuch" herausbringen. In einer Art Anhang zu der 2003 erschienenen Ortschronik sollen die Menschen in den Vordergrund rücken. "Das erste, was wir geschrieben haben, war eine Geschichte des Dorfes", macht Chronist Blasius deutlich: "Das hier wird die Geschichte der Menschen." Und in dieser finden sich auch Menschen, die sich nur kurz oder wenige Jahre im Ort aufhielten. So etwa die Schäfer des Dorfes, deren Kinder ja teils dort geboren sind. Und es wird auch mancher Name auftauchen, der zwar nie im örtlichen Telefonbuch stand, Heidenburg aber dennoch geprägt hat.

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