Der Glaube, die Liebe

WITTLICH. Sein goldenes Priesterjubiläum feiert Pfarrer Rudolf Birkhäuser am 27. Juli. Begonnen hat die Karriere eines gläubigen Christen als römisch-katholischer Katholik. Dann kam ihm die Liebe in die Quere - und machte ihn zum altkatholischen Priester.

Der Mann ist Priester, aber verheiratet. Längst befindet er sich im Ruhestand. Dennoch suchen bis heute Menschen in seelischen Nöten bei ihm Beistand und Zuflucht. Denn Rudolf Birkhäuser kann aus dem Nähkästchen plaudern, wenn es um seelische Nöte geht. Als 52-Jähriger wechselte er zum Bistum der Alt-Katholiken. Denn die Liebe war ihm begegnet - und zwar zu einer leibhaftigen Frau. Bekanntlich akzeptiert die römisch-katholische Kirche solcherlei Bekenntnis nicht. Das Sakrament der Priesterschaft oder das der Ehe, lautet das Credo des päpstlichen Gesetzes, dem Rudolf Birkhäuser nicht mehr gehorchen konnte. Doch der Reihe nach. Der 1927 im Essener Südviertel geborene Junge wuchs in Berlin auf. Nach Militärdienst und Gefangenschaft entschloss er sich zum Studium der Philosophie und Theologie in Fulda und Luzern. 1953 ließ er sich zum römisch-katholischen Priester weihen und arbeitete als Kaplan in Berlin Mariendorf und Neukölln. Nach zwölf "Lehrjahren" übertrug man ihm 1966 die Aufgabe, im Lankwitzer Villenviertel eine neue Gemeinde zu gründen. In wenigen Jahren "stand" St. Benedikt: Kirche und Kindertagesstätte samt Gemeinde-, Pfarr- und Küsterhaus. Bereits 1968 begegnete er dort einer Seelsorgehelferin, die seine Ehefrau werden sollte. Geheiratet wurde 1979, gesetzlich in Köln und kirchlich in Bonn, einem der deutschen Zentren des Altkatholizismus. Vorangegangen waren bange Monate, in denen beide zeitgleich ihre Arbeit verloren - der erste von zwei Söhnen war schon unterwegs. "Wir standen plötzlich auf der Straße", erinnert sich Doris Birkhäuser. Aber das Leben ging weiter. Im 27. Stock eines Hauses in Köln lebten sie und suchten über Inserate Arbeit, als sich die altkatholische Gemeinde meldete. Dort nahm man das bekennende Liebespaar mit offenen Armen auf, und Birkhäuser konnte bis zur Pensionierung 1992 seiner Berufung als Priester nachgehen. Sein Weg führte ihn über Gemeinden in Dortmund und Konstanz 1992 nach Wittlich, wo er sozusagen als Zivilist lebt. Viel Zeit widmet er seitdem seiner ehrenamtlichen Arbeit als Archivar der Schweicher Stefan-Andres-Stiftung. Interkonfessionell ist sein Rat weiterhin gefragt. Regelmäßig vertritt er evangelische Pfarrer. Die Birkhäusers: "Wir leben in eucharistischer Gastfreundschaft und erleben hier keine Ausgrenzung." Mit den um Trier zerstreuten Alt-Katholiken feiert er alle paar Wochen in der evangelischen Kirche in Konz-Karthaus einen "Gottesdienst in ökumenischer Weite". Jeden letzten Sonntag im Monat wird ihnen dort Gastrecht gewährt. Es ist diese Offenheit, die das Leben der Pfarrersfamilie nach dem katholischen Rausschmiss bestimmt. Doris Birkhäuser: "Unsere Biographie hat die frühere Enge gesprengt."Am Sonntag, 27. Juli, 10 Uhr, wird in der evangelischen Kirche Konz-Karthaus das Jubiläum begangen. Auf der Einladung steht: "Bitte kein Geschenk".

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