Der Kardinal zieht die Robe aus

Im September 2007 wurde der Wanderweg "Auf den Spuren des Nikolaus von Kues" publikumswirksam eröffnet. Derzeit sieht es so aus, als ob nur noch ein Scherbenhaufen übrig ist.

Bernkastel-Kues. Es sind gerade 13 Monate her, da wurde in Bernkastel-Kues der Wanderweg "Auf den Spuren des Nikolaus von Kues" eröffnet. Seither ist Heinz Eckstein oft in ein purpurrotes Kardinalsgewand geschlüpft, um Besuchern an neun Stationen das Leben des größten Sohnes der Stadt näher zu bringen.

So wie es aussieht, wird er dies in Zukunft nicht mehr tun, weil er mit einer Besuchergruppe am Zutritt zum Inneren des Cusanusstifts, einer der neun Stationen, gehindert worden ist. "Ich werde die Führungen einstellen", erklärt Heinz Eckstein unmissverständlich.

Seidel: Die Stadt hat hier nichts zu sagen



Karl-Heinz Seidel, der Vorsitzende des Verwaltungsrates des Cusanusstifts, habe ihm mit den Worten "Du hast hier nichts zu sagen", den Zutritt verwehrt, als er mit einer Besuchergruppe in das Gebäude wollte. Dabei habe er den Besuchern nur die Kapelle zeigen wollen, in der sich das Herz des Kardinals, Philosophen und Universalgelehrten befindet.

Die Führungen im Stift seien seit 15 Jahren geregelt, erklärt Seidel. Für sie zuständig seien ausgebildete Leute. Wenn sich Eckstein einer entsprechenden Ausbildung unterziehe, könne er auch mit Gruppen ins Stift. "Die Stadt hat hier nichts zu sagen. Das ist eine Stiftung", erklärt er. Bei der Einweihung des Weges hatte Seidel gegenüber dem TV Zustimmung zu dem Projekt geäußert. "Damit kann man den Einheimischen und den Gästen Cusanus näher bringen", sagte er damals.

Bis dato sei es auch möglich gewesen, mit den Gruppen ins Stift zu gehen, sagt Eckstein Einmal sei Seidel sogar anwesend gewesen, als er eine Gruppe durch die Kapelle führte.

Stadtbürgermeister Wolfgang Port will in dem Konflikt vermitteln. "Ich kann diesen Rausschmiss nicht gut heißen", stellt er klar, "das ist nicht im Sinne von Cusanus". Immerhin habe der Wanderweg auch 15 000 Euro gekostet. Und dass die Stadt nichts zu sagen habe, stimme auch nicht. "Sie schickt drei Mitglieder in den Verwaltungsrat. Und sie hat auch schon viel Geld in Veranstaltungen investiert", erläutert Port.

Schon vor einigen Monaten hatte es Ärger im Stift gegeben. Damals war auf Geheiß des Verwaltungsrates das große Tor, das von dem Gelände zur Mosel führt, geschlossen worden. Begründung: Unbefugte, besonders Zweiradfahrer nutzten den Weg als Durchfahrt von der Mosel zur Cusanusstraße. Um das Stift und das Weinkulturelle Zentrum zu besuchen, stehe der Haupteingang an der Cusanusstraße zur Verfügung (der TV berichtete).

Auch damals hob Karl-Heinz Seidel hervor, dass es sich um ein Privatgelände handele. Bei vielen Bürgern stieß und stößt diese Maßnahme auf Unverständnis.

Meinung

In höchstem Maße peinlich

Was für eine Posse! Erst wird das Tor zum Leinpfad an der Mosel geschlossen, weil vielleicht Unbefugte per Fahrrad oder Motorrad auf das Gelände des Cusanusstifts vordringen könnten. Dann bekommt Cusanus selbst Hausverbot. Wie der Verwaltungsrat des Stifts mit dem Erbe des größten Sohnes der Stadt umgeht, ist peinlich. Der echte Cusanus wird abgeschottet, als wäre er das Privateigentum einiger Herren, die im Ernst glauben, dass sie so sein Erbe wahren. Und der Cusanus-Darsteller, der Urlaubern den Universalgelehrten näherbringen will, wird abgekanzelt wie ein dummer Junge. Was müssen die Gäste, die mit ihm abgewiesen wurden, über die Gastfreundschaft und Weltoffenheit in dieser Stadt denken? Verwaltungsrats-Vorsitzender Karl-Heinz Seidel lässt sich in Sachen Cusanus nicht reinreden. Lieber Cusanus, der Du Deiner Zeit weit voraus warst, kannst Du nicht wenigstens den anderen Herren des Verwaltungsrats die Erleuchtung geben, dass sie nicht in Deinem Sinne handeln? c.beckmann@volksfreund.de

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