Um seinen Sport auszuüben, muss sich Oliver Lucas bäuchlings in eine enge und flache Kunststoffkiste legen, die dazu noch einen höllischen Lärm macht. Nur wenige Zentimeter über der Wasseroberfläche, den mit einem Helm geschützten Kopf leicht angehoben, rauscht er dann mit über 100 Stundenkilometern über Flüsse und Seen, legt sich in die Kurven und zieht dabei eine große Wasserfontäne hinter sich her. Oliver Lucas ist einer der besten Motorbootrennfahrer. Seit 1995 betreibt er diesen gefährlichen Sport, und in den vergangenen Jahren reiht sich ein Sieg an den nächsten. In diesem und vergangenen Jahr wurde er in der Klasse OSY400 Weltmeister, in den Jahren 1998, 2003, 2004 und 2005 Europameister. OSY 400 bedeutet, dass nur seriennahe Zwei-Zylinder-Motoren des Motorbauers Yamamoto zum Einsatz kommen dürfen. An der Maschine darf nichts verändert werden, das Gesamtgewicht (Boot und Fahrer) muss mindestens 170 Kilo betragen. "Man braucht sehr viel Erfahrung, um ganz vorne mitzufahren", sagt Oliver Lucas. Der 39-Jährige kennt inzwischen alle Finessen, um sein Boot schnell zu machen. "Es kommt auf die exakte Abstimmung an. Propeller, Bootsform, Gewichtsverteilung - das alles muss stimmen." Lucas baut seine Boote selbst. Der Flugzeugmechaniker investiert rund 6000 bis 8000 Euro im Jahr in seinen Sport, Sponsoren hat er bislang keine. Ihm zur Seite steht ein engagiertes Team von vier Mechanikern: Udo Mitscher aus Traben-Trarbach, Dirk Sauer aus Trier, Volker Grünberg aus Cottbus und sein Bruder Uwe, der in Mainz wohnt. Letzterer fungiert im Team noch als Kameramann, Fotograf und Webmaster. Mit zwei Autos, auf dem Dachgepäckträger das Boot, fahren sie gemeinsam zu den Rennen, die sie zu Binnengewässern in ganz Europa führen. Zuletzt ging es sogar bis nach Lettland. Über den Sport hat Oliver Lucas seine Frau gefunden. Bei einem Rennen in Ungarn lernte er Elisabeth Ticska kennen. Die 23-Jährige, sie schreibt sich jetzt Lucas-Ticska, hat inzwischen ebenfalls einige Erfolge vorzuweisen. Im vergangenen Jahr wurde sie Dritte bei den Deutschen Meisterschaften, ebenfalls in der Klasse OSY 400. Bis Ende der 80er Jahre war Traben-Trarbach Austragungsort von Rennbootwettbewerben. Damals bereits war Oliver Lucas als Mechaniker mit von der Partie und hat den Berliner Rennfahrer Bernd Poeschke unterstützt.