Der "dicke" und der "dürre" Sepp

Als Zwölfjähriger erlebte ich den Zweiten Weltkrieg, und habe diese Erinnerungen nie vergessen. Ab Januar/Februar 1945 hörte man schon das Grollen der Front im Westen, und die Kämpfe rückten von Tag zu Tag näher.

Hinter unserem Haus, unter einem offenen Schuppen, stand häufiger eine Feldküche. Die zwei Köche, die dort für die Front gekocht haben, waren der "dicke" und der "dürre" Sepp, zwei Österreicher. Sie fuhren immer im Schutz der Dunkelheit mit dem Essen an die Front. Aber eines Morgens kam nur noch der "dürre" Sepp zurück: Den "dicken" Sepp hatte es in der Nacht getroffen. Es muss der 7. März gewesen sein, als sich die Artillerie auf Hupperath einschoss. Die erste Granate schlug in den Schockberg bei der kleinen Steinkaul ein. Ich war mit einigen Jungen auf dem Schusterberg, dann ging es aber auf dem schnellsten Weg nach Hause. In der kommenden Nacht sind wir dann in den Keller gegangen und haben uns dort mit 14 Personen bis zum Morgen des 10. März in Sicherheit gebracht. Der Beschuss wurde immer heftiger, der Schuppen hinter dem Haus wurde total zerstört, und das Scheunendach wurde von einer Granate aufgerissen. Von unserem Keller, der hinter Scheunentenne war, wurde die Kellertür vom Luftdruck eingedrückt, und der Staub drang in den Keller ein. Am Morgen des 10. März um fünf Uhr hörte meine Tante im Nachbarhaus die Amerikaner sprechen, zu uns kamen sie nicht rein. Morgens wurde wieder in der Küche gegessen. Am Vormittag musste ich zu Verwandten ins Oberdorf - heute Wittlicher Straße - einen Glasschneider holen. Es wurden die Bilder aufgemacht, um mit dem Glas die Fenster im Haus zu reparieren, die alle kaputt waren. So ist mir das Bild (siehe oben) immer in Erinnerung geblieben. Panzer und Fahrzeuge standen noch an der Straße, die voller Dreck und Matsch war. Die Heftigkeit der Kämpfe bezeugen ein Zivil-Toter und vier Soldaten, die in und um Hupperath gefallen sind. Die Soldaten haben auf dem Friedhof ihre letzte Ruhestätte erhalten und sollen mahnende Zeugen sein. Werner Follmann erlebte das Kriegsende in Hupperath bei Wittlich, wo er auch heute lebt.

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