Der weite Weg zum Buch

KLEINICH. Aufmerksame Zuhörer hatte Kinderbuchautor Stefan Gemmel bei seiner Lesung in der Grundschule Kleinich. Zur Belohnung durften die Kinder im Anschluss als freche Dachse, Buchautoren und Verleger aktiv werden.

Mucksmäuschenstill ist es in der Bibliothek der Kleinicher Grundschule. Die große Pause ist längst vorbei, und in dem Raum haben sich sowohl Dritt- als auch Viertklässler versammelt. Für Kinderbuchautor Stefan Gemmel ist es nicht ungewöhnlich, dass Kinder die Ohren spitzen, wenn er aus einem seiner Bücher vorliest. Während er für die Älteren die Abenteuer von "Robin Wuff", "Bruder Katz" und Mäuserich "Walter von der Käsereibe" mit gebracht hat, liest er den Erst- und Zweitklässlern aus "Es war einmal" vor. Die Geschichte vom Mäusemädchen Nilli, das in Ruhe ein Buch lesen will, aber von Dachs und Specht laufend gestört wird, mündet darin, dass die Kinder selbst in die jeweiligen Tierrollen schlüpfen dürfen. Nach diesem Spaß macht der aus Morbach stammende Schriftsteller die Kinder mit Bodo, dem Drachen, und Häschen Angsthase bekannt. Das Buch "Kein Angst, kleiner Hase" birgt in seinem Innern neben Text und Bildern eine Bastel-Überraschung gegen Angstgefühle. Die älteren Schülern dürfen Gemmel statt einer zweiten Geschichte Fragen stellen. Auf diese Weise erfahren sie, dass der 35-jährige Vater von zwei Kindern schon als Schüler Geschichten geschrieben hat, aber erst seit 13 Jahren als Schriftsteller arbeitet. Sein Traumberuf sei das Schreiben ursprünglich nicht gewesen. "Das hat sich so ergeben", erzählt Gemmel. Sein Auskommen habe er damit aber seit etwa vier Jahren. Bis dahin arbeitete der Heilerziehungspfleger parallel zum Beruf in seiner Freizeit als Schriftsteller. Mittlerweile habe er mehr als 100 Bücher geschrieben, erzählt Gemmel, von denen sind aber erst 19 erschienen. Es brauche viel Zeit, bis man ein fertiges Buch in Händen halte, erläutert er den Schüler. Eine Geschichte, die mit einer Idee, einer Beobachtung oder einem tollen Erlebnis beginne, sei zum Zeitpunkt ihrer eigentlichen Fertigstellung nicht mehr als einige Seiten bedrucktes Papier. Bis man diese im Buchhandel kaufen könne, seien viele Etappen zurück zu legen wie die Suche nach einem Verleger oder die Arbeit des Illustrators. Es könne ein Jahr ins Land gehen, bevor dessen Zeichnungen von Autor und Verlag abgesegnet seien. Anhand von Skizzen zu "Paneelos Melodie" können die Kinder staunend einen solchen Werdegang samt des späteren Druckvorgangs nachvollziehen. Um den Zeitaufwand dafür zu begreifen, nimmt Sophie (10), die selbst gern Geschichten schreibt, am Lehrerpult als angehende Schriftstellerin Platz. Ihre Mitschüler fungieren als Verleger, Postbote, Zeichner, Druckerei-Chefin und Buchhändler. Dass sie alle Glieder einer Kette darstellen, ist für die Schüler gut nachvollziehbar. Die Lesung im Rahmen des Schul-Projekts "Freude am Lesen" kam über das Pädagogische Zentrum Trier zustande.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort