Des Kranken bester Freund

TRABEN-TRARBACH/WOLF. Gerd Thiel bietet mit seiner Hündin Jackie eine Behandlungsmöglichkeit für Störungen und Krankheiten vielfältiger Art an. In einer Klasse der Martin-Luther-King-Schule hat er in sehr kurzer Zeit viel bewegt.

In den USA sind sie ein alter Hut, die Therapien mit Pferden, Delphinen und Hunden. Die Deutschen tun sich schwer damit, doch langsam sprechen sich auch hier die großen Erfolge herum, die beim therapeutischen Einsatz von Tieren erzielt werden können. Gerd Thiel ist einer, der sich auf die Arbeit mit einem Hund eingelassen hat. Jackie heißt die Dame auf vier Pfoten, mit der er eine Klasse in der Martin-Luther-King-Schule besucht. Als Gegenleistung für die Unterstützung, die Thiel durch den Schulleiter Manfred Schmitz während der Ausbildung zum Hundetherapeuten erfuhr, stellt er die Fähigkeiten seiner Hündin allen Kindern und Jugendlichen vor. In der Außenklasse in Hohen Marken bei Großlittgen, wo Thiel sonst arbeitet, kennen die Schüler Jackie - in Wolf machen die Schüler erst einmal große Augen. Dass Jackie nicht zugreift, als sein Herrchen das Leckerchen genau vor seine Schnauze legt, können die Schüler kaum glauben. Potzplitz, da macht der Hund exakt das, was sie auch machen, wenn die Eltern oder Lehrer wegsehen. Er nutzt sofort seine Chance - weg ist das Leckerchen! "Der Hund ist ein Lebewesen", sagt Thiel, "er hat seine Macken und verlangt in der Erziehung genau so nach Konsequenz wie ein Mensch." Deborah, zu Hause selbst Frauchen einer eigenen Hündin, traut sich als Erste auf die Behandlungsmatte. Das Eis ist gebrochen. Als Nächster darf Marc. Er hat ein Tourett-Syndrom: Ständige nervöse Ticks lassen ihn keine Ruhe finden. Thiel hat schnell gesehen, wie Marc "zu kriegen" ist. Er lässt ihn sich niederlegen, Jackie schwänzelt um ihn herum. Sie ist zutraulich, berührt ihn, leckt ihn sogar ab. Der Junge schließt genussvoll die Augen, lächelt friedlich, und das Wunder geschieht: Sein Körper wird ganz still - die Ticks sind für ein Weilchen verschwunden. Daniel empfindet hauptsächlich Angst, wenn er an Hunde denkt. Thiel wird sie besiegen. Indem er Daniel selbst hält, gibt er Sicherheit, und der Junge erlaubt Jackie, ihm nahezukommen.Hilfe bei ADS, Spasmen, Autismus und mehr

Neben diesen Selbsterfahrungstrips schenkt Thiel den Kindern jedoch noch mehr. Er erzählt ihnen von schwer behinderten Kindern, von anderen, die sich selbst so sehr verletzen, dass sie ans Bett fixiert werden müssen, von motorisch Zurückgebliebenen oder jenen, die vor Angst vor allem, was sich bewegt, schier ausflippen: alles mit Worten, die diese Schüler verstehen. Sie stellen Fragen, möchten wissen, wie er es geschafft hat, seinen Hund derart gut zu erziehen. Jackies Dienste sind für zahlreiche Krankheiten und Störungen zu nutzen. "ADS, Spasmen, Autismus und Sprachstörungen gehören zu unseren Arbeitsfeldern", berichtet der engagierte Gerd Thiel, der während seiner Arbeit in der Kinderpsychiatrie auf die Idee mit Jackie kam. "Therapie auf vier Pfoten" heißt sein Konzept, das er für die meist jungen Patienten anbietet. Genauer gesagt, müsste es bald "auf acht Pfoten" lauten, denn mit Jackies Cousinchen Luna macht er gerade die gleiche Ausbildung. Thiel betreut inzwischen einige Kinder im Kreisgebiet. Bei dem einen bricht Jackie langsam die emotionale Isolation auf, bei einem anderen lockert es die Spasmen in den Beinen, ein drittes erzählt keinem Menschen, aber dem Hund von seinen Problemen. Zahlen müssen die Eltern diese Besuche selbst. Manchmal hilft jedoch der Elternkreis behinderter Kinder.

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