Bürokratie hat auch etwas mit Sprache zu tun. Wer mit Juristendeutsch an die Öffentlichkeit geht, muss damit rechnen, nicht verstanden zu werden. Und das führt dann wieder zu noch mehr Bürokratie. Ein besonders "schönes" Beispiel für Juristendeutsch bekamen die Mitglieder des Stadtrates Bernkastel-Kues in ihrer jüngsten Sitzung zu hören. Dabei ging es um eine profane Sache: die Widmung des Karlsbader Platzes als Fußgängerzone. Als Einstieg wurde das "Wesen der Widmung" vorgelesen: eine Definition von Juristen für Verwaltungen. Der Wortlaut: Die Widmung ist ein so genannter gestaltender Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung. Die Widmung hat also keinen bestimmten Adressaten, sie wirkt für alle Betroffenen, zum Beispiel den Eigentümer, den Unterhaltspflichtigen, den Anlieger oder die Benutzer. Die Widmung begründet den öffentlichen Zweck der öffentlichen Sache "Straße oder Platz". Durch den Rechtsakt der Widmung wird "die Straße/der Platz" als öffentliche Sache im Gemeingebrauch einer öffentlichen Sachherrschaft unterstellt. Für die Öffentlichkeit einer Verkehrsfläche reicht es nicht aus, dass auf Straßen, Wegen oder Plätzen ein "öffentlicher Verkehr" stattfindet. Das Landesstraßengesetz kann in diesen Fällen keine Anwendung finden. Eine konkludente Widmung, etwa durch bloße faktische Freigabe für den Gemeingebrauch, sieht das Landesstraßengesetz nicht vor und ist ausgeschlossen. Ob das eines der Stadtratsmitglieder verstanden hat? Der TV-Redakteur hat auf jeden Fall fast nichts kapiert und nur den Kopf geschüttelt. Ach ja? Der Stadtrat hat hinterher beschlossen, den Karlsbader Platz zur Fußgängerzone zu erklären. Es geht doch auch ganz einfach, oder? Bleibt die Frage, ob der Jurist oder die Juristin überhaupt noch der Alltagssprache mächtig ist?