Dichter der Kirche und Sänger des Elends

KLEINICH (jolo) Der bedeutende Dichter der evangelischen Kirche, Jochen Klepper, wurde nur 39 Jahre alt. Seinen 100. Geburtstag würdigte die evangelische Kirchengemeinde Kleinich mit einem Festvortrag und einem Gottesdienst unter dem Motto "Sein Wort will helle strahlen".

Vom kurzen, jedoch bewegenden Leben Jochen Kleppers handelte der Festvortrag. Dr. Heinz-Günther Ney, unterstützt von seiner Frau Irmgard, teilte seine Gedenkrede in vier Schwerpunkte. Im ersten beschrieb der Pädagoge die reichen, aber schweren Jugendjahre des religiösen Schriftstellers Klepper, der am 22. März 1903 in der niederschlesischen Kleinstadt Beuthen geboren wurde. Seinem Vater Georg, dem Superintendenten, ist er zeitlebens wesensfremd geblieben, weil dieser nicht verstand, dass er sein Theologiestudium abbrach, um sich fortan seiner Leidenschaft, dem Schreiben, zu widmen. Seinen ersten Roman nannte Jochen Klepper "Der Kahn der fröhlichen Leute". Darin beschrieb er den Frieden, den er als kränkelnder und seelisch sensibler Junge in seinem Leben nie fand. Durch die Heirat mit der Jüdin Hanni Stein, die 13 Jahre älter als er war und die ihre Töchter Brigitte und Renate mit in die Ehe brachte, wurde Kleppers Leben nicht leichter im Nazireich. Im zweiten Schwerpunkt befasste sich der Vortragende mit der Vatersuche. Obwohl das Verhältnis zum leiblichen Vater qualvoll war, schrieb Jochen Klepper, einer inneren Eingebung folgend, den Roman "Der Vater". Diese Lektüre wurde trotz versteckter Kritik am herrschenden Regime gefeiert und von 1937 bis 1942 100 000 Mal verkauft. Den dritten Abschnitt nannte Dr. Heinz-Günther Ney "Der Arier und die Jüdin". Klepper hatte schwere Angstträume, die von Zwangstrennung, Deportation und SS handeln. Trotz dieser Tatsache und den mulmigen Gefühlen beugte sich der Pfarrerssohn nicht dem Druck der Obrigkeit. Jochen Klepper wollte allerdings nicht auf das Schlimmste warten. Er beging zusammen mit seiner Frau und seiner jüngsten Stieftochter Renate - die älteste Tochter Brigitte reiste 1939 nach England aus - Selbstmord.Vielen Menschen Trost geschenkt

"Schon bald nach seiner jugendlichen Sturm- und Drangzeit hat sich Jochen Klepper sehnlichst gewünscht, ein Dichter der Kirche zu werden", zitierte Dr. Heinz-Günther Ney in seinem letzten Vortragsteil. Er wurde ein Dichter der Kirche und zum "Sänger im Ofen des Elends". Trotz alledem sind seine Lieder, Gedichte und Romane ein bedeutendes und aussagekräftiges Nachschlagewerk, nicht nur für die evangelischen Christen. Seine Texte haben vielen Menschen Trost geschenkt, auf die Barmherzigkeit Gottes gewiesen, wenn sie sich schuldig fühlten, an die Zuwendung Gottes erinnert, wenn sie sich als Versager erkannten. Dem Festvortrag, dem die Biografie "Jochen Klepper. Ein Leben zwischen Idyllen und Katastrophen" der Pariser Germanistin Rita Thalmann Grundlage war, wurde eindrucksvoll Beifall gespendet.

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