Die Angst geht um

Werden alle wichtigen Entscheidungen in Zukunft in Mainz getroffen? Das ist nicht auszuschließen. In der Region geht die Angst um, dass die ländlichen Regionen abgehängt werden.

Bernkastel-Kues. Sitzungen des Verbandsgemeinderates Bernkastel-Kues zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie meist nicht lange dauern, weil Bürgermeister Ulf Hangert sie straff durchzieht. Doch die Diskussion um das Landesentwicklungsprogramm (LEP) IV nahm einige Zeit in Anspruch. Wie andere Kommunen, muss sich die Verbandsgemeinde bis Ende Juni zu dem LEP-Plan äußern, mit dem die SPD-Landesregierung die Ziele und Grundsätze der kommenden zehn Jahre regelt. Tenor bisher: Speziell die Entwicklungsmöglichkeiten des ländlichen Raumes werden durch die Pläne aus Mainz stark eingeschränkt. Es gebe, so Bürgermeister Ulf Hangert, "massive Zweifel auf allen kommunalen Ebenen, ob der Plan dem Bedarf gerecht werde". So sollen Neubaugebiete nur noch genehmigt werden, wenn ein Haltepunkt der Bahn (Rheinland-Pfalz-Takt) in der Nähe ist. Die einzigen Schienen in der VG Bernkastel-Kues verlaufen auf der Ürziger Höhe. Zentrale Orte, wie Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach wären verpflichtet, "in allen Bereichen der Sicherung der Daseinsvorsorge" zusammenzuarbeiten und Entscheidungen einvernehmlich zu treffen. Ein weiteres Ärgernis: Das Moseltal taucht als Entwicklungsbereich gar nicht auf. "Mehr Demokratie geht nicht"

Im VG-Rat Kell am See hat sich beispielsweise die SPD an die Spitze der Kritiker gesetzt, spricht von "bürokratischer Regelungswut, mit der wir zu Erfüllungsgehilfen degradiert werden". Im VG-Rat Bernkastel-Kues war ebenfalls viel Ablehnung zu hören. Doch blieb die SPD gegenüber der Landesregierung gemäßigt. "Die Kommunen werden gefragt und können Änderungen formulieren. Mehr Demokratie geht nicht", sagte Maria Bölinger. Es dürfe allerdings nicht so sein, dass dem ländlichen Raum nur eine Sicherung der Daseinsvorsorge zugebilligt werde, die Ballungsräume aber gefördert werden. Die Entwicklung dürfe auch nicht an die Schiene geknüpft werden. "Es wird aber nicht mehr alles überall machbar sein", sagte Bölinger. Von den anderen Fraktionen kam viel Kritik an dem Plan - auch deshalb, weil er nicht, was auch schon früher der Fall war, im Landtag beraten wird und auch nicht geplant ist, mit den Kommunen noch einmal über ihre Änderungswünsche zu reden. Rahmenbedingungen seien grundsätzlich zu begrüßen, hier machten sie kommunale Selbstverwaltung aber teilweise unmöglich. "Die ländlichen Regionen sind die Verlierer", sagte Eduard Arens (CDU). Ähnlich argumentierten Dirk Richter (FDP), Gertrud Weydert (Grüne) und Heide Weidemann (VBB). Richter, der auch Mitglied des Kreistages ist, erklärte, dass die Schließung des Amtes für Wehrgeophysik in Traben-Trarbach dazu führen könnte, dass die Forderung nach verbindlichen Absprachen zwischen Traben-Trarbach und Bernkastel-Kues fallen gelassen werde. Der VG-Rat wird sich mit Änderungswünschen an das Land wenden. Diesen Wünschen werden auch die Anmerkungen der Fraktionen beigeheftet. MEINUNG Keine Lust auf Zweitklassigkeit Der Landesentwicklungsplan IV beinhaltet 265 Grundsätze und 264 Ziele. Vieles ist konsensfähig und taucht bei den Beratungen in den Parlamenten gar nicht auf. Schließlich ist bekannt, dass das Gießkannenprinzip bei staatlichen Förderungen keine Zukunft mehr hat. Doch was nützt der große Konsens, wenn dem ländlichen Raum einige gravierende Verschlechterungen drohen. Die Zielvorgabe, dass dort nur noch eine Bestandssicherung möglich sein soll, und nur noch Ballungsräume gefördert werden, ist aberwitzig. Sie macht Landbewohner zu Menschen zweiter Klasse. Dann können Stadt- und Gemeinderäte gleich abgeschafft werden. Das kann doch nicht im Sinn der Landesregierung sein! c.beckmann@volksfreund.de

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