Die Kinder-Kantine bittet zu Tisch

WITTLICH. Donnerstagmittag, der Wittlicher Markt ist menschenleer. Durchs Regengrau leuchten Ballons vor dem Hotel Well. Und dort, im Erdgeschoss, ist "volles Haus": Menschen stehen Schlange für einen Teller Suppe, den Hort und Kindertagesstätte Jahnplatz als Benefizaktion für Opfer der Flutkatastrophe verkaufen.

"Kinder helfen Kindern" steht groß an der Wand über den Köpfen von Julia, Florian, Lukas und Philipp. Vor den vier kleinen Köchen steigt Dampf auf. "Ich backe Waffeln", sagt der Junge mit Harry-Potter-Pulli: "Weil wir Geld verdienen wollen." "Wir haben gestern Gemüse geschnippelt mit Eltern und Erzieherinnen", erklärt Florian, während Julia Zuckerweiß auf eine Waffel streut. Im Hintergrund ist Musik von Rolf Zuckowski zu hören. "Willst Du Suppe oder was?", fragt einer der Jungs einen Mann, der die Kinder-Kantine besucht und in der Schlange steht. Um zwölf Uhr ist Hochbetrieb: Eltern, Kinder und hungrige Wittlicher unterstützen die Benefizaktion der städtischen Kindereinrichtung vom Jahnplatz. Waffeln, Gemüsessuppe, Kaffee, Tee und Kuchen werden gegen Spenden für junge Opfer der Flutkatastrophe verkauft. "Mama, wann kommt die Oma?", fragt ein Mädchen und beißt in eine Waffel. Eine Seniorin hat schon an einem der Bierzelttische Platz genommen. Ihr Sitzkissen hat sie mitgebracht, die Suppe schmeckt ihr vorzüglich: "Ich habe in der Zeitung von der Aktion gelesen und mich richtig darauf gefreut." Vor ihrem Teller leuchtet eine Kerze, daneben steht ein Körbchen mit Brot. "Lassen Sie es sich schmecken", sagt Michaela Habscheid, Leiterin des Kinderhorts und der Kita.Gemeinsam Gemüse geschnitten

Die schrecklichen Ereignisse in Südasien am Fernseher zu sehen, hat sie ihren Schützlingen bei der Vorbereitung der Benefizaktion nicht zugemutet: "Wir haben erst gefragt: ‚Geht es euch gut? Was braucht ihr, damit es euch gut geht?‘ Essen, Trinken, Heizung, ein Dach über dem Kopf, haben die Kinder geantwortet. Dann wurde überlegt, ob das jeder hat. Manche wissen, dass es arme Kinder gibt, und dann sind wir dahin gekommen, dass wir denen helfen wollen." Für die gelebte Solidarität sei es wichtig gewesen, dass alle mithelfen. Deshalb habe man auch keine fertige Suppe gekauft: Eltern spendeten Gemüse von der Kartoffel bis zum Kohl, gemeinsam wurde alles klein geschnitten. Die Hauswirtschafterin hat dann gekocht. Am Waffeleisen konnten die Kinder am Donnerstag wieder mithelfen, auch Kuchen backten sie mit ihren Eltern. Spontan kam noch mehr Hilfe: Die Firma Beckhäuser sorgte für Tische. Besonders froh sind die Organisatoren über die Unterstützung durch das Hotel Well. Ursprünglich sollte der große "Mittagstisch" auf dem Marktplatz unter freiem Himmel gedeckt werden. "Über den Wetterbericht vorgestern war ich erschrocken. Ein Vater gab den Tipp, doch im Hotel nachzufragen. Herr Rinkel hat sofort zugesagt. Das war überhaupt kein Problem", sagt Hortleiterin Habscheid. Am Freitag war Kassensturz: 655 Euro wurden gesammelt.

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