Die Quellen der Weinhändler

Traben-Trarbach · August Wehr erschloss zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Bad Wildsteiner Thermalquelle für die Produktion eines Mineralwassers. Dann stiegen zwei weitere Weingroßhändler der Jugendstilstadt Traben-Trarbach in das regionale Mineralwassergeschäft ein. Zur Herstellung des sogenannten Moselsprudels diente einst ein Säuerling im Belltal bei Kobern an der Untermosel.

Traben-Trarbach. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlangte die Stadt Traben-Trarbach eine große Bedeutung als zweitwichtigste Weinhandelsmetropole Europas nach Bordeaux. Während das Geschäft mit dem kostbaren Rebensaft von der Mosel boomte, vermarkteten zwei Weingroßhändler der Jugendstilstadt neben Wein auch mineralhaltiges Wasser aus der Moselregion. Dabei handelte es sich zum einen um ein mittlerweile wieder erhältliches Mineralwasser aus Bad Wildstein und zum anderen um den einstigen Bellthal Moselsprudel.
Stadt geschichte(n)


Um das Jahr 1903 startete das ehemalige Weinhandelshaus August Wehr erstmals die Produktion von Mineralwasser aus dem Quellwasser der Bad Wildsteiner Thermalquelle. Dieses Wasser wurde mit Kohlensäure versetzt und als Mineral- oder Tafelwasser unter dem Namen Trarbacher Felsenquelle (siehe Extra) vermarktet.
Am 2. Juli 1906 gründeten die Weingroßhändler Julius Kayser und Oscar Haussmann zusammen mit dem Wiesbadener Sektfabrikanten Franz Kupferberg eine neue Mineralbrunnen-Aktien-Gesellschaft in Traben-Trarbach. Bei der Bellthal Moselsprudel AG handelte es sich um eine Aktien-Gesellschaft, die zur Produktion des sogenannten Moselsprudels ein mineralstoffreiches Quellwasser aus dem Belltal bei Kobern an der Untermosel nutzte. Die Bellthal-Quelle war ein Sauerbrunnen (Säuerling), der eisenhaltiges Mineralwasser mit natürlicher Kohlensäure bereitstellte. Bereits um das Jahr 1870 wurde das bei der einheimischen Bevölkerung lange Zeit als Haustrunk bekannte Quellwasser von dem Koblenzer Kaufmann D. Fleischl gewerblich genutzt. Am 17. Dezember 1877 verkaufte Fleischl die Bellthal-Quelle an eine englische Firma, die ein neues Unternehmen mit dem Namen The Bellthal Brunnen Company in London gründete.
Die Gesellschaft produzierte im ersten Geschäftsjahr 1878 etwa 500 000 Flaschen und 10 000 Krüge Mineralwasser in einer neu erbauten Abfüllanlage unterhalb der Bellthal-Quelle. Bis zur Wende zum 20. Jahrhundert blieb die Verkaufszahl von einer halben Million Flaschen konstant.
Das Heil- und Mineralwasser der Firma wurde einst bis in die Vereinigten Staaten von Amerika und nach Neuseeland sowie Großbritannien exportiert. Sogar das englische Königshaus soll zu den Abnehmern gezählt haben. Im Jahre 1904 wurde die Bellthaler Mineral-Brunnengesellschaft, dessen Geschäftsführung 1883 auf Josef Caspar in Kobern übertragen wurde, schließlich gelöscht. Um 1905 erbohrte die neu gegründete Bellthaler Mineralbrunnen Haussmann und Kayser aus Traben-Trarbach eine zweite Mineralquelle im Belltal. Sieben Jahre später errichtete die spätere Aktiengesellschaft circa fünfzig Meter unterhalb der Quelle eine neue Anlage für die Abfüllung und den Versand des Moselsprudels.
Auch Heilwasser vermarktet


Von dort aus wurde das Wasser direkt auf die nahe gelegene Eisenbahnlinie verladen und exportiert. Neben dem Tafelwasser gab es auch ein spezielles Heilwasser, das unter dem Namen Ferrobell vermarktet wurde.
Nach dem Zweiten Weltkrieg sank der Wert der Bellthal-Aktien in kurzer Zeit auf null. Zu Beginn der 1950er Jahre wurde die AG vom Koblenzer Sektkellereibesitzer H. Sartor und dem Miteigentümer der Königsbacher Bierbrauerei H. Knödgen in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt. Von 1952 bis 1974 wurden pro Jahr noch etwa zwei Millionen Flaschen des Bellthaler Mineralwassers vermarktet.
Um jedoch weiterhin auf dem Markt bestehen zu können, hätte man die völlig veralteten Anlagen erneuern müssen. Daher beschlossen die Gesellschafter im Januar des Jahres 1975 die vorläufige Einstellung der Fabrikation. Seit diesem Zeitpunkt verfallen die ehemaligen Abfüll- und Versandgebäude im Belltal zusehends.
Extra

Das Wirtschafts- und Geschäftsgebäude der Trarbacher Felsenquelle zählt zu den bekannten Jugendstilbauten von Traben-Trarbach, die vom Berliner Architekten Bruno Möhring geschaffen wurden. Im Mai 1974 lief die vorerst letzte Flasche der Felsenquelle vom Abfüllband. Seit einigen Jahren wird das einst durch den Weingroßhändler August Wehr vertriebene Mineralwasser von der Traben-Trarbacher Kellerei Robert Heuser erneut hergestellt und unter dem altbekannten Namen vermarktet. phi

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