Die Reise ihres Lebens

BRUCH. 2400 Kilometer auf Schusters Rappen quer durch Westeuropa. Start war in Bruch an der Salm. Das weltbekannte Ziel in Santiago de Compostella hatten Ursula und Manfred Follmann nach 84 Tagen erreicht.

"Es war eine Wahnsinnserfahrung" - mit diesen Worten aus dem Wortschatz der Teenies beschreiben zwei junggebliebene 60-jährige den Sommer 2005. Mit dem Wahnsinn meinen Ursula und Manfred Follmann ihre Fußwallfahrt von Bruch, ihrem Wohnort an der Salm, quer durch Westeuropa bis nach Santiago de Compostella. 2400 Kilometer Erfahrung haben sie erwandert. Nein, nicht erwandert, sondern gepilgert. Auf die religiöse Intention legen sie Wert - als Dank für das gesunde Erreichen der 60 Jahre. Ursula Follmann war bis zum Sommer 2005 als Pfarrsekretärin in Bruch tätig. Der ehemalige Justizvollzugsbeamte in der Wittlicher Jugendstrafanstalt Manfred Follmann ist seit einem Jahr ebenfalls in Rente. Die Begeisterung steht den beiden ins Gesicht geschrieben. Und wenn sie erzählen, dann ist dies abendfüllend. "Mein Mann hat gemeint, wenn er 60 wäre und gesund, dann ging er zu Fuß nach Santiago. "Eich ginn matt, so meine Antwort, hatte aber nicht bedacht, dass er von Bruch aus meinte." So resolut wie Ursula Follmann dies sagt, so konsequent wurde das Vorhaben umgesetzt. Am 12. Mai ging es los. Rucksäcke auf dem Rücken, Portemonnaie in der Tasche, Handy natürlich dabei und die Nordic-Walking-Stöcke zur Unterstützung. Den 60. Geburtstag hat Ursula Follmann während der Pilgertour in Vézelay (Zentralfrankreich) im Kloster St. Magdalena gefeiert. Im kleinen Kreis, bei Menschen, die sie erst wenige Tage vorher kennen gelernt hat. "Die überwältigende Gastfreundschaft, sowohl in Frankreich wie in Spanien, war eines der schönsten Erlebnisse", schwärmen die beiden. Als ihnen der Geldbeutel in Pamplona gestohlen wurde, übrigens an einem Tag des weltbekannten Stiertreibens, wollte der Herbergsvater weder Geld noch Dank für die Verpflegung. Die romantische Atmosphäre der Pilgerherbergen in Galizien (Spanien) genossen die beiden, auch wenn es mitunter spartanisch zuging in den großen Schlafsälen. Drei bis neun Euro pro Übernachtung, das Frühstück herrichten ist selbstredend Sache der Pilger. Verlaufen war auch nicht mehr drin, nicht nur wegen der exakten Routenbeschreibung, sondern wegen der guten Wegmarkierung. "Die letzten 200 Kilometer ist es eine einzige Prozession bis nach Santiago. Es waren unzählig viele Menschen unterwegs. Da wir aber wegen der Hitze recht früh bereits morgens um 5 Uhr aufgebrochen sind, haben wir immer Platz in der nächsten Herberge gefunden". Anmelden war nicht möglich. Die Betten werden nach der Reihenfolge des Eintreffens verteilt. In Frankreich wurde dies anders geregelt. "Der Gastwirt vom Vorabend hat uns telefonisch bei der nächsten Übernachtungsmöglichkeit angekündigt. Wenn das nicht geklappt hat wie zum Beispiel in der Nähe von Metz, dann mussten wir schon mal etliche Kilometer draufsatteln, um einen freien Gasthofsplatz zu erlangen". Zwischen 25 und 40 Kilometer betrug das tägliche Pensum. Die Ankunft in Santiago am 4. August, einem Donnerstag, war eher ernüchternd. "Vor zehn Jahren waren wir schon mal dort, mit dem Fahrrad. Damals ging es noch beschaulich im Wallfahrtsort zu. Heute ist es ein Massenspektakel." Eine Woche Urlaub gönnten sich die beiden in Santillana del Mar. Dann ging es mit dem Flugzeug nach Hause. Am 11. August trafen Ursula und Manfred Follmann wieder in Bruch ein.

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