Die Ruhe, der Wald und das Wild

HIRZLEI/BRAUNEBERG. 35 Häuser und 85 Seelen – die Hirzlei ist nicht groß. Doch die Menschen, die in dem Dorf leben oder geboren wurden, finden es einfach schön dort.

1956 war ein gutes Jahr in der Hirzlei. Mit dem ersten Gottesdienst in der Kapelle lud auch das Gasthaus Hüttl erstmals zur Kirmesfeier ein. Seit 1983 richtet die Feuerwehr dieses Fest aus, das am ersten Mai Wanderer ins Tal lockt. Dann packt auch Luise Leis mit an, ehemals Maschinistin der Damen-Feuerwehrgruppe, einer der ersten - wenn nicht gar die erste - in Rheinland-Pfalz. Doch auch sonst treffen sich die Hirzleier gern in ihrem Feuerwehrhaus. Erst recht, wenn dort jemand vorbei schaut, der über ihr Dorf berichten will. Rund 20 Personen haben sich dazu eingefunden - Neubürger, Alteingesessene und Ex-Hirzleier. Darunter die 90-jährige Maria Esseln, die nach Piesport verheiratet war und heute in Wintrich lebt, die Hirzlei aber so oft es geht besucht: "An Kirmes bin ich immer hier." Wie ihr Bruder Rudolf Günter, der vor 50 Jahren nach Brauneberg heiratete. Seither ist der 83-Jährige mindestens einmal im Monat in der Hirzlei: "Die Heimat zieht an - die kann man nie vergessen." Emil Leis, 25 Jahre lang Wehrführer, kennt das von der Kriegsgefangenschaft: "Hier bin ich geboren - ich war lange genug in der Fremde." Doch auch Wahl-Hirzleier fühlen sich wohl. Alwin Kirchen, seit 34 Jahren Revierförster, war anfangs allerdings "schockiert", als er ausgerechnet am ersten Mai 1972 zur Hirzlei kam. Das ganze Frohnbachtal hinauf sah er überall im Wald Grillfeuer. Doch das war im Nu im Griff: "Man kommt mit den Leuten gut klar." Ina Röder und ihren Mann führte die Haussuche erst vor wenigen Monaten her. Doch vielleicht geht es ihr mal wie Ursula Reinert, die seit 14 Jahren im Tal lebt, "weil ich dieses kleine Häuschen gesehen habe und die Landschaft war schön und der Preis auch." Bereut hat sie das nie: "Die Ruhe, der Wald, die Eichhörnchen und das Wild - es ist hier einfach nur schön." Bei Gerti Adam war es die Liebe, die sie von Bernkastel-Kues her führte. "Aber es hat sich gelohnt - die Leute haben mich gut aufgenommen", sagt die Frau von Ewald Adam, der seit 25 Jahren Ortsvorsteher ist. Ohne Auto sei man jedoch "aufgeschmissen". Ilse Hüttl kennt als Ur-Hirzleierin noch andere Zeiten. Als sie und ihr Mann 1955 im Dorf einen Lebensmittelladen eröffneten, musste sie sich per Fahrrad und Zug auf den Weg nach Trier machen, um die verlangte Ausbildung zu machen. 1958 kam dann die Gastwirtschaft dazu. "Da hatten wir noch keine Wasserleitung im Haus", weiß Ilse Hüttl nur zu gut, warum damals nur Flaschenbier über die Theke gehen durfte. Das Wasser sei eben immer aus dem Bach geholt worden. Bevor in den 60ern ihre Pension öffnete, hatte sich das aber geändert: Die erste Wasserleitung wurde 1959 verlegt. Zu diesem Zeitpunkt hatte es Hansi Steinbach schon in die Ferne gezogen, der Arbeit nach. Doch als Rentner kam er wieder heim. Zum Glück - hätte er doch sonst kaum seine Lebensgefährtin Ingrid Dahmen kennen gelernt, die wenige Jahre später der Zufall her führte: "Es hat mir so gut gefallen, dass ich alles daran gesetzt hab, hier hin zu kommen." Eine Rückkehrerin scheint auch Rosemarie Wetter zu werden, die seit 35 Jahren in Frankfurt lebt. Seit sie wegen der kranken Mutter öfters kommt, lässt sie sich am Main nur noch zwei Tage die Woche sehen.

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