Die Schönheit des Unterhemds

WITTLICH. (noj) Eine heitere Vernissage lockte Neugierige am Sonntag ins Georg-Meistermann-Museum im Alten Rathaus. "Nach der Wäsche" heißt die Ausstellung des 38-jährigen Christoph Platz und zeigt neben Drucken vorwiegend Skulpturen, meist aus Holz.

Kulturamtsleiter Dr. Justinus Maria Calleen, wie meist mit Fliege und farbenfrohem Jackett gekleidet, zeigte sich in bester Laune, als er die Ausstellung eröffnete. Zur Erheiterung des Publikums präsentierte er zunächst die Zeitungswerbung eines Discountmarktes, bei dem für Kleidungsstücke geworben wurde: "Damit haben wir nichts zu tun." Dann ging er auf die Kunstwerke von Christoph Platz ein. "Sie machen das Unsichtbare sichtbar", beschrieb er die Wirkung der ausgestellten Kunst-Kleidungsstücke, die auch ohne den Menschen etwas über denselben erzählen. Es sei eine Ausstellung mit Witz, Ironie und versteckter Erotik.Im folgenden Gespräch mit dem Künstler Christoph Platz zeigte sich dieser bodenständig und hatte beispielsweise für seine Vorliebe zum Material Holz eine einfache Geschichte zu erzählen. Er habe schon als 13-Jähriger nach der Schule in einer Holzwerkstatt gearbeitet. Dabei sei er kein Freund von Materialästhetik. Deshalb würde er auch gerne mit Farbe arbeiten, um das natürliche Material zu verfremden. Auch für die Titel seiner Werke hat er teilweise sehr menschliche Erklärungen. So trägt der Badeanzug im Foyer, der in üppiger Größe auf Spiegelscherben steht, den Namen "Lacrime - Tränen". Jede Dame, die mit ihrer Figur hadert, mag diesen Titel nachvollziehen.Kunst, die zu den Menschen kommt

Wer Gefallen an der Kunst von Christoph Platz hat, kann eines der Werke aus dem letzten Ausstellungsraum im ersten Stock erwerben. Für 50 Euro wechseln die dort den Raum beherrschenden zahlreichen Herrenunterhosen aus Gips den Besitzer. Provokation sei seine Sache nicht, erläuterte Platz. Er halte es für eine abgestumpfte Waffe, die voraussetze, dass das Umfeld "blöder ist als man selber". Dass die Kunst jetzt nicht mehr hinter verschlossenen Türen einem vermeintlich ausgewähltem Publikum vorbehalten ist, machen zurzeit schon die "Engelshemdchen", die hoch über der Neustraße schweben, deutlich. Dieses Thema wurde mittlerweile von Geschäftsleuten in der Neustraße auf witzige Weise bei der Schaufenstergestaltung aufgenommen. Ein Gewinnspiel, das in Zusammenarbeit mit dem Verein Stadtmarketing entwickelt wurde, ist ebenfalls dazu geeignet, ein breiteres Publikum auf die Schätze des Georg-Meistermann-Museum aufmerksam zu machen.Zwei Werke im Großen Saal des Rathauses, wo die Eröffnung stattfand, waren noch ebenso verhüllt wie das ganze Rathaus von außen. Diese zwei noch verpackten Werke sollen bald das Schaufenster des Textilhauses Freckmann schmücken frei nach dem Motto, "wenn die Menschen nicht zur Kunst kommen, kommt die Kunst zu den Menschen".Die Ausstellung ist bis 30. Juli zu sehen. Am Mittwoch, 30. Juli, ist dann um 19 Uhr Finissage und Ausstellungsrundgang mit dem Künstler, anschließend offener Besucherstammtisch.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort