Drieschen-Rodung kostet Geld

BERNKASTEL-KUES. Verwilderte Weinberge, die Drieschen, werden im Zusammenhang mit der Schwarzfäule als Infektionsherde und Gefahrenquelle genannt und die Rodung gefordert. Über das Thema sprach der TV mit Hubert Friedrich vom DLR.

Sehen Sie die Forderung nach sofortiger Rodung auch als beste Vorgehensweise, oder macht man es sich zu einfach, wenn man den Drieschen den "Schwarzen Peter" in Sachen Schwarzfäule zuschreibt?Joachim Friedrich: Nach meiner Definition sind Brachflächen ehemalige Rebflächen, die - meist mit staatlicher Förderung - ordnungsgemäß gerodet worden sind. Drieschen sind Rebflächen, bei denen die Nutzung einfach aufgegeben wurde und die verwilderten Reben stehen bleiben. Drieschen waren immer schon eine Gefahrenquelle. Durch die Schwarzfäule ist jetzt eine neue Dimension entstanden. Bedauerlich ist, dass gerade die Ökobetriebe am stärksten betroffen sind, weil hier die notwendigen Pflanzenschutzmittel fehlen. Unsere Warnungen aus früheren Jahren hat man nicht immer ganz ernst genommen. Nun sind viele sehr direkt betroffen, das Bewusstsein ist gestiegen. Unser Ziel ist es, dass Drieschen erst gar nicht entstehen, sondern dass die Rückzugsflächen systematisch gerodet werden - bei Erhaltung einer geschlossenen Weinbaulandschaft. Warum überhaupt werden die "verwilderten" Weinberge nicht konsequent gerodet, und warum ist die Brandrodung an der Mosel tabu? Wäre sie jetzt eine sinnvolle Maßnahme?Friedrich: Die Rodung kostet Geld und Arbeit. Ältere Winzer können oder wollen das nicht leisten. Die Rodungsförderung beginnt erst bei Flächen, die größer als zehn Ar sind. Die Parzellen an der Mosel sind aber oft viel kleiner. Zur Lösung schlagen wir vor, dass dann die Rodung über die Gemeinde organisiert wird. Brandrodung wäre aus meiner Sicht schon möglich, allerdings nur bei größeren zusammenhängenden Flächen. Brandrodung ist aber nur eine Nachbesserung eines Problems. Wir wollen aber, dass die Drieschen gar nicht entstehen. Minister Hans-Artur Bauckhage hat gesagt, die Drieschen-Verordnung biete hinreichenden Schutz. Welchen Standpunkt vertreten Sie?Friedrich: Die Drieschenverordnung reicht aus meiner Sicht aus. Bitte bedenken Sie, dass wir es mit Privateigentum zu tun haben, das durch unsere Verfassung geschützt ist. Weitergehende Forderungen, wie sie gelegentlich von Winzern geäußert werden, halte ich rechtlich nicht für umsetzbar. Mich ärgert immer der Ruf nach Gesetz und Staat. Die Winzer selbst und auch die Weinbaugemeinden haben eine Verantwortung, und ich meine auch eine Mitwirkungspflicht. Welche Alternativen gibt es zur Rodung der Brachen, immerhin geht es um eine Kulturlandschaft, die das Bild der Region prägt. Ist die Flächenpflege durch Ziegen sinnvoll und praktikabel? Friedrich: Der erste Schritt muss die Zusammenfassung der Brachflächen und die ordnungsgemäße Stilllegung sein. Im zweiten Schritt kann man sich um Folgenutzungen kümmern. Folgenutzungen bedeuten aber immer, es muss ein Träger und Geld da sein. In unserem Konzept, dass wir im Herbst 2004 vorstellen werden, gibt es einige Vorschläge für Folgenutzungen. Die Beweidung mit Ziegen ist eine davon. Aber auch das muss organisiert werden. Wenn man sich nun vorstellt, alle Drieschen seien gerodet, hätte man damit die Schwarzfäule in den Griff bekommen? Friedrich: Die Beseitigung der Infektionsherde wäre schon ein wichtiger erster Schritt. Weitere müssen folgen. Zum Beispiel darf Traubentrester aus infizierten Anlagen nicht wieder in die Weinberge verbracht werden. Wie realistisch ist die Hoffnung, dass es bald ein zugelassenes Spritzmittel gegen Schwarzfäule gibt? Friedrich: Das können wir derzeit nicht abschätzen. Die Erfahrungen zeigen, dass die Entwicklungen bei der chemischen Industrie dann schneller laufen, wenn mehr Käufer beziehungsweise Abnehmer zu erwarten sind. Dies scheint ja derzeit - leider - der Fall zu sein. Welche Prognose geben Sie für die Ernte/Lese 2004 vor dem Hintergrund der Schwarzfäule?Friedrich: Prognosen sind sehr schwierig. Ein Sprichwort der Winzer sagt, man kann eine Prognose dann abgeben, wenn der Wein im Keller liegt. Das Ergebnis 2004 wird von vielen Faktoren abhängig sein, die sich auch wechselseitig beeinflussen. Hinzu kommt, dass die Gemarkungen und selbst die Betriebe in den Gemarkungen sehr unterschiedlich betroffen sind - je nachdem, wann die letzten Pflanzenschutzmittel ausgebracht worden sind. Es wäre zwar möglich, eine Durchschnittszahl zu nennen, diese Zahl wäre aus meiner Sicht wenig aussagefähig und zusätzlich eher schädlich für das Image des Moselweinbaus. Die Fragen stellte unsere Redakteurin Sonja Sünnen.

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