Drogen-Raver müssen vor Kadi antanzen

So zuverlässig, wie im Herbst die Blätter von den Bäumen fallen, treffen in dieser Jahreszeit auch die Jünger des Techno-Spektakels Nature One zur "Nachspielzeit" im Sitzungssaal des Simmerner Amtsgerichts ein.

Simmern. Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christuskind, sondern kommen auch viele Raver ins Simmerner Amtsgericht. Dort geht das bundesweit größte Techno-Festival quasi in die Verlängerung. Und wie zum Fest der elektronischen Musik treffen auch im großen Sitzungssaal der Justizbehörde Teilnehmer aus ganz Deutschland ein. Wie in jedem Jahr haben es viele Raver mit den Betäubungsmittel-Gesetzen nicht ganz so genau genommen - ein Fehler, den viele erst dann erkennen, wenn sie auf der harten Anklagebank Platz nehmen müssen.

Trotz Bewährungsstrafe im Besitz von Drogen



So zum Beispiel der 33-jährige arbeitslose Kellner aus Köln, dem Staatsanwalt Josef Dahm den unerlaubten Besitz von Marihuana und Amphetaminen in geringen Mengen vorwirft. Für den Freund der heißen Rhythmen ist sein Besuch in Simmern beileibe nicht sein erster Gerichtstermin. Zwei einschlägige Vorstrafen weist das Bundeszentralregister aus, der junge Mann gibt an, bereits seit seinem 16. Lebensjahr regelmäßig Drogen zu konsumieren. Zuletzt hatte ihn das St. Goarer Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt - nur wenige Tage nach Ablauf dieser Frist tauchte der Kölner wieder auf der Pydna auf. Das ist an und für sich noch kein Straftatbestand - dazu wird es aber, wenn man im Besitz von illegalen Drogen ist. Dabei war der Wiederholungstäter diesmal besonders vorsichtig: "Ich habe extra nur ein paar kleine Sachen mitgenommen, weil ich gedacht habe, die bekomme ich schnell weg." Für die Polizeibeamten jedenfalls nicht schnell genug, so dass gestern die Strafe auf dem Fuß folgte. Als Wiederholungstäter erhielt er von Strafrichter Peter Hüttemann eine dreimonatige Freiheitsstrafe, ausgesetzt zu drei Jahren auf Bewährung, aufgebrummt. Obendrein muss der 33-Jährige auch noch 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit ableisten. Nach dem Urteil schwor der Raver: "Auf die Nature One werde ich nie wieder hinfahren", was den erfahrenen Vertreter der Staatsanwaltschaft nur ein eher skeptisches "Autsch!" ausrufen ließ. Josef Dahm kennt eben seine Pappenheimer.

Nicht erschienen - Haftbefehl



Die langen Arme der Justiz sollten eigentlich auch ein 35-jähriger Düsseldorfer und ein 22-Jähriger aus Ennepetal kennen - schließlich verfügen auch sie über einschlägige Vorstrafen. Beide zogen es jedoch gestern vor, nicht vor Gericht zu erscheinen. Jetzt werden sie per Haftbefehl gesucht.

Das hat sich zumindest eine 26-jährige Remscheiderin erspart. Die junge Frau, mittlerweile im fünften Monat schwanger, wurde auf der Nature One mit Marihuana, Ecstasy und Amphetaminen erwischt. Auch sie ist bereits vorbestraft und hat eine lange Drogenkarriere hinter sich. Unter anderem starb der Freund ihrer besten Freundin vor wenigen Jahren an einer Überdosis. Auch ihre letzte Bewährungsstrafe lief erst kurz vor dem Pydna-Spektakel aus - was bei Richter und Staatsanwaltschaft gleichermaßen Kopfschütteln auslöste. "Wenn Sie das alles miterlebt haben, frage ich mich wirklich, was Sie geritten hat, ausgerechnet auf die Nature One zu gehen. Da war der Kontakt mit Drogen doch schon programmiert", so der Staatsanwalt.

Immerhin gab sich die Remscheiderin geläutert. Seit ihrer Schwangerschaft sei mit Drogen Schluss. "Mein Baby ist mir wichtiger als alles andere", betonte sie. "Bei Ihnen hoffe ich auf einen Umdenkungsprozess", führte Dahm aus. Auch Richter Hüttemann wollte der werdenden Mutter eine weitere Chance einräumen. Sie erhielt eine dreimonatige Freiheitsstrafe, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung. Außerdem muss sie sich regelmäßigen Drogentests unterziehen. "Ich kann nur wirklich hoffen, dass Sie begriffen haben, dass nur ein drogenfreies Leben für Sie eine Zukunft hat. Sollten Sie noch einmal einschlägig auffallen, dann sitzen Sie im Knast, und Ihr Kind muss ohne Sie aufwachsen."

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