Ein Kühlhaus für das ganze Dorf

Anfang der 50er Jahre entstanden in vielen Gemeinden Dorfgefrierhäuser, in denen die Einwohner ihr Fleisch aus den Hausschlachtungen aufbewahrten. Einige dieser Gemeinschaftsanlagen sind heute noch in Betrieb, darunter auch die erste im Landkreis in Wederath.

 Die erste Gemeinschafts-Gefrieranlage im Kreis Bernkastel-Wittlich kühlt noch immer. Der ehemalige Ortsvorsteher Heinrich Stein kann sich noch gut an die Geschichte des Wederather Kühlhauses erinnern. TV-Foto: Christoph Strouvelle

Die erste Gemeinschafts-Gefrieranlage im Kreis Bernkastel-Wittlich kühlt noch immer. Der ehemalige Ortsvorsteher Heinrich Stein kann sich noch gut an die Geschichte des Wederather Kühlhauses erinnern. TV-Foto: Christoph Strouvelle

Wederath/Lüxem. Keine Familie kann sich heute ihren Haushalt ohne Tiefkühltruhe oder Tiefkühlschrank vorstellen. Obst, Fleisch, Gemüse, alle möglichen Lebensmittel werden durch Einfrieren haltbar gemacht und bei Bedarf aufgetaut. Zudem haben sich in den vergangenen Jahren gefrorene Lebensmittel von der Fertigpizza bis zur Tiefkühltorte immer mehr Platz in den Lebensmittelmärkten erobert. Dabei haben Tiefkühlschränke in den 60er Jahren Einzug in die Haushalte gehalten. Vorher wurden in vielen Gemeinden Gemeinschafts-Gefrieranlagen errichtet.

Die erste Anlage dieser Art ist im Landkreis Bernkastel-Wittlich wahrscheinlich 1954 in Wederath gebaut worden. "Wederath hatte durch den großen Waldbesitz viel Geld", erinnert sich Heinrich Stein, ehemaliger Ortsvorsteher von Wederath. Dies habe der Gemeinde den Bau der Anlage ermöglicht.

Der Gemeinderat unter dem damaligen Bürgermeister Jürgen Stürmer habe mehrere Projekte besichtigt und sich für eine Truhenanlage entschieden.

Der ehemalige Stierstall neben dem Feuerwehrhaus wurde abgerissen und stattdessen ein Haus zur Aufnahme von 50 Tiefgefriertruhen ("für jeden Haushalt eine") gebaut, die von einer großen Anlage zentral gekühlt wurden. "Vor 50 Jahren hat die Miete für eine Truhe 50 Mark gekostet", sagt Stein. Zusätzlich wurde in das Gebäude ein Kühlraum installiert, in dem das Schweinefleisch nach den damals üblichen Hausschlachtungen erst vorgekühlt und anschließend zerlegt und eingefroren wurde.

Von den 50 Truhen sind heute noch 23 belegt. Die Wederather Ortsvorsteherin Daniela Petry sagt, dass die Gefriertruhen von Wildhütern und Jägern, aber auch von Wederathern mit vielen Gartenerzeugnissen genutzt werden. Die Jahresmiete für eine Truhe beträgt 60 Euro. "So lange die Anlage funktioniert, lassen wir sie in Betrieb", sagt Petry.

Für ein anderes System hatten sich die Lüxemer 1960 entschieden, die ihr Fleisch von den Hausschlachtungen nicht mehr einpökeln, sondern einfrieren wollten. Damals, bildete sich die Interessengemeinschaft (IG) Kühlanlage Lüxem.

Sie baute vor 50 Jahren einen großen Kühlraum, der durch Lattenroste in 78 Fächer in verschiedenen Größen eingeteilt wurde, sagt Helmut Konrad, ehemaliger Vorsitzender der IG Lüxem.

Das Grundstück stellte die Gemeinde damals für einen Pachtpreis von einer D-Mark zur Verfügung. Heute führt die IG Lüxem den Pachtbetrag von jährlich 50 Cent an die Stadt Wittlich ab. Konrad sagt, dass alle 78 Fächer immer noch belegt sind.

Die jährliche Miete beträgt je nach Größe des Verschlages zwischen 18 und 33 Euro. Wie in Wederath gehören in Lüxem Jagdpächter zu den Mietern. Hinzu kommen Schafhalter sowie Einwohner aus Lüxem und umliegenden Orten, die sowohl Gartenerzeugnisse als auch Fleisch einfrieren, das sie in größeren Mengen direkt beim Landwirt kaufen. Richard Neidhöfer, der heutige Vorsitzende der IG, will die Kühlanlage auf jeden Fall erhalten. "Wir haben erst im vergangenen November in Eigenleistung das Dach erneuert und zusätzlich isoliert", sagt Neidhöfer.

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