Ein Leben für die Toleranz der Religion

WITTLICH. (peg) Das Emil-Frank-Institut startete seine Vortrags- und Gesprächsreihe "Jüdische Porträts" mit einer Veranstaltung über den in Thalfang aufgewachsenen Rabbi Samuel Hirsch, der entscheidende Impulse für das amerikanische Reformjudentum geben sollte.

 Dr. Heinz Monz referiert über den im Hunsrück geborenen Rabbi Samuel Hirsch.Foto: Petra Geisbüsch

Dr. Heinz Monz referiert über den im Hunsrück geborenen Rabbi Samuel Hirsch.Foto: Petra Geisbüsch

Während der eigenen Kindheit erlebte er im ländlich geprägten Thalfang, wie mehrere Konfessionen in Frieden und gleichberechtigt nebeneinander und miteinander leben können. Der 1815 in eine Viehhändlerfamilie hinein geborene Samuel Hirsch berichtete später über das Leben in seiner außerordentlich lebendigen Heimatgemeinde im Hunsrück: "Wenn eine einigermaßen interessante Predigt zu erwarten war, fanden sich dazu sonntags wie selbstverständlich auch die Juden in der Kirche ein, und keiner fand es anstößig." Ebenso feierten Juden und Christen die Bar-Mizwa gemeinsam und es wurden Verstorbene von einem Trauerzug begleitet, in dem sich Gläubige aller Konfessionen befanden. "Und wieder fand keiner es anstößig." Referent Dr. Heinz Monz hatte eine Bevölkerungsstatistik von 1833 mitgebracht: Damals lebten in Thalfang 103 Juden, 361 evangelische und elf katholische Christen. Auch die Berufsgruppen waren entgegen gängiger Vorurteile nicht auf einzelne Religionsgruppen verteilt, sondern waren weitgehend unabhängig davon. Diese Bilder von freien Menschen sollten Samuel Hirsch nie wieder loslassen. Der Knabe aus einfachsten Verhältnissen besuchte eine Schule in Mainz und immatrikulierte 1835 an der Bonner Universität. Ab 1837 war er in Berlin eingeschrieben. Ohne den finanziellen Rückhalt aus einer reichen Familie musste Hirsch seine Studien 1838 beenden und übernahm das Rabbinat in Dessau. Nach grundlegenden Zerwürfnissen legte Samuel Hirsch dieses Amt 1842 nieder. Sein toleranter Geist passte nicht in das in Sachen Religionsfreiheit rückständige Dessau. Hirsch ging zunächst als Großrabbiner nach Luxemburg, wo er "offenbar ein wenig widerwillig" (Dr. Monz) einen "Katechismus" des Judentums verfasste, an dem er lange Jahre arbeitete. Er wurde Mitglied in einer Freimaurerloge, was ihm von Kritikern den Vorwurf einbrachte, er sei in seinen späten Jahren ganz zum Freimaurertum abgerutscht und habe gar keinen Gott mehr gehabt. 1845 heiratete er in Braunschweig und bekam vier Söhne. Später wanderte die Familie nach Amerika aus. 1866 wurde Hirsch zum Vorsteher der jüdischen Reformgemeinde "Knesset Israel" in Philadelphia berufen. Seine Bedeutung für das amerikanische Reformjudentum kommt auch durch die Tatsache zum Ausdruck, dass er 1869 die Präsidentschaft über die Rabbiner-Konferenz in Philadelphia übernahm. Samuel Hirsch starb 1889 in Chicago.

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