Ein Märchen aus Stein

In diesen Tagen feiert die Burg Eltz ihr 850-jähriges Bestehen. Rund 300 000 Besucher gehen jährlich durch das historische Gebäude - das sind so viele, wie die Stadt Bonn Einwohner hat. Wie kam die Burg zu einem solchen touristischen Bekanntheitsgrad?

 Wie aus einer anderen Welt: Die Burg Eltz beeindruckte bereits im 19. Jahrhundert. TV-Foto: Archiv

Wie aus einer anderen Welt: Die Burg Eltz beeindruckte bereits im 19. Jahrhundert. TV-Foto: Archiv

Burg Eltz. Seinen ersten Eindruck von der Burg Eltz hielt 1863 der berühmte Autor Victor Hugo ("Der Glöckner von Notre-Dame") in seinem Tagebuch fest: "Hoch, mächtig, verblüffend, finster. So etwas habe ich noch nicht gesehen." Hugo hatte sich per Wagen und zu Fuß von der Mosel aus auf den Weg zur Eltz gemacht - über "verschlungene Pfade durch das Gehölz", wie er leicht konsterniert schreibt. Touristen wurden auf der Burg seinerzeit jedoch wahrlich noch nicht erwartet, und so notiert Victor Hugo lakonisch: "Wir klopften. Der Hund bellt. Keiner da."Trotz verschlungener Pfade und eines eher kühlen Empfangs: Was der Dichter hier beschreibt, ist der beginnende Aufstieg der Burg Eltz zu einem Touristenmagneten mit Weltrang. Hugo steht am Anfang eines Besucherstromes, der in den folgenden Jahrzehnten immer weiter zunahm und auch bis heute nicht versiegt ist.Auch Kaiser Wilhelm II. war 1906 zu Gast

Einen großen Anteil am Wandel der Burg von der Befestigungsanlage zur Sehenswürdigkeit hatte die Reiselust im 19. Jahrhundert. Vor allem den Rhein, der durch Sagen, Gedichte und Geschichten einen festen Platz im Repertoire der Romantik einnahm, musste man gesehen haben.Vor allem Engländer liebten die Rheinlandschaft mit ihren Burgen und pittoresken Orten. Sie war für sie ein Gegenentwurf zur Industrialisierung, die das Leben der Menschen und auch die Landschaft immer stärker veränderte. Kein Wunder also, dass bereits 1816 die ersten englischen Ausflugsdampfer auf dem Strom fuhren.Von Koblenz aus war es über die Mosel ins Elztal nur ein kleiner Umweg. Und dieser Umweg lohnte sich für einen Blick auf eine Burg, die den frühen Touristen wie eine Stein gewordene Mittelalter sehnsucht erscheinen musste.Sein eigenes Bild von diesem "Märchen aus Stein", wie eine englische Reiseschriftstellerin die Burg Anfang des 19. Jahrhunderts beschrieb, machte sich der englische Maler William Turner. Gleich mehrere Male nahm der berühmte Vertreter der englischen Romantik den Weg zur Burg auf sich, fertigte Skizzen und Aquarelle an.Einen weiteren Schub wurde dem Tourismus dann durch den Besuch Kaiser Wilhelms II. auf der Burg zuteil. Nachdem er hier 1906 zu Gast war, nahmen die Besucherzahlen derartig zu, dass zum ersten Mal feste Öffnungszeiten für die Besichtigungen eingerichtet wurden. Dass die Burg heute in einem nahezu unveränderten Zustand erhalten ist, ist der Weitsicht von Karl zu Eltz zu verdanken. Er war im 19. Jahrhundert sehr um die Restaurierung der Burg bemüht, hielt sich bei allen Arbeiten jedoch genau an die alten Details. Damit stand er im Gegensatz zu seiner Zeit, in der das Mittelalter sehr beliebt war, und vieles nach Gutdünken in diese Richtung umgestaltet wurde, wobei das Ergebnis dann oftmals eine Art "Mittelalterfantasie" darstellte, die mit dem Original wenig zu tun hatte. Karl zu Eltz ging es dagegen darum, die Bausubstanz zu erhalten.Unter anderem dieser Weitsicht und dem glücklichen Umstand, dass sie niemals erobert wurde, verdankt die Burg Eltz auch heute noch ihre große kunsthistorische Bedeutung. Und so wird in vielen Beschreibungen immer wieder der Kunsthistoriker Georg Dehio zitiert, der für die Burg Eltz die wohl treffendste Bezeichnung fand: "Die Burg schlechthin." Alles über die Geschichte der Burg Eltz erfährt man im Buch "Burg Eltz" von Ute Ritzenhofen.

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