Ein Paradies muss sparen

WITTLICH. (peg) Umstrukturierungen der beruflichen Weiterbildung auf der ganzen Linie: Drei Ausbilder sind im Überbetrieblichen Ausbildungszentrum entlassen worden. Kein wirklicher Grund zur Aufregung, meint Geschäftsführer Klaus Hünnekens.

Zur Zeit beschäftigt das Überbetriebliche Ausbildungszentrum ÜAZ 66 Menschen, die einen betraut mit der Ausbildung von Jugendlichen und Erwachsenen, die anderen tätig im sozialpädagogischen Bereich: Abgesehen von einer einzigen Frau mit einem befristeten Arbeitsvertrag sind die Verträge ausnahmslos sozialversicherungspflichtig und unbefristet: Paradiesische Zustände im Angesicht von fast zwangsweisen Ich-AG´s und Überstunden statt Neueinstellungen im allgemeinen Umfeld. "Wirklich krisensichere Arbeitsplätze gibt es heute jedoch nicht mehr", sagt Klaus Hünnekens, Geschäftsführer des ÜAZ. Auch der größte Bildungsträger im gewerblich-technischen Bereich zwischen Trier und Koblenz, der Auszubildende auch aus den Arbeitsamtbezirken Mayen, Neuwied oder Koblenz unterrichtet, musste nun drei Mitarbeiter entlassen. Hünnekens greift bei der Suche nach neuen Jobs allerdings hilfreich unter die Arme. Der Personaleinsatzplan hatte für das laufende Jahr einen Überhang eben jener drei Stellen ermittelt: Eine unausweichliche Reaktion auf sich ständig wandelnde Teilnehmerzahlen.Kosten senken heißt die Devise

Der gesamt-gesellschaftliche Umbruch findet sich auch im Teilbereich von Umschulung, Aus- und Weiterbildung wieder. Trotz einer Einnahmenverbesserung und einer beachtlichen Kostensenkung in 2002 wird für das laufende Jahr ein erheblicher Bilanzverlust prognostiziert. Das ÜAZ hat zur Bewältigung der anfallenden Fragen nun ganz modern "out-gesourct": Eine Wirtschaftprüfungsgesellschaft wurde von der Verbandsversammlung noch in 2002 damit beauftragt, die alten Wege zu analysieren und neue vorzuschlagen. In dieser Versammlung sind die ÜAZ-Träger, Landkreis Bernkastel-Wittlich, Handwerkskammer und Industrie- und Handelskammer Trier vertreten. Nötig geworden sind solche Pläne und Berechnungen, die stetig mit den aktuellen Teilnehmerzahlen gefüttert werden, auf Grund völlig veränderter Förderstrukturen seitens des Gesetzgebers: Statt langwieriger Umschulungen mit hohen Abbruchraten geht der Trend hin zu Kurzzeitmaßnahmen mit Modulcharakter. Zu den in der Zukunft vier bis sechs Monate dauernden Schulungen gehört jeweils ein Praktikum in einem der 120 Kooperationsbetrieben der Region. Hünnekens ist froh, dass er angesichts der für das ÜAZ schwindenden Planungssicherheit wenigstens einen gewissen Spielraum bei der Belegung von Ausbildungsplätzen besitzt. Er ist nicht völlig von den Arbeitsämtern abhängig. Etwa 65 Prozent seiner Schüler werden von der Arbeitsverwaltung geschickt, der Rest kommt direkt aus dem betrieblichen oder überbetrieblichen Ausbildungsbereich.Hohe Abbruchrate

Allerdings hat sich im Vorfeld solcher Maßnahmen für die Bewerber spürbar etwas verändert. Der Entscheidung für oder gegen einen Teilnehmer ist inzwischen ein Eignungstest vorgeschaltet. Die als "Mannheimer Intelligenztest" bekannte Befragung wird längst von fast allen Betrieben durchgeführt, bevor sie ihre kostbaren Ausbildungsplätze vergeben. Allgemeinbildung, Deutschkenntnisse, Mathematik- und, bei den IT-Berufen und Mechatronikern zusätzlich vorhandene Englischkenntnisse, werden abgefragt. Damit wirkt man wiederum der hohen Abbruchrate entgegen. Als alleiniger finanzieller Träger soll und darf der Landkreis Bernkastel-Wittlich im ÜAZ zwar kein Plus machen - oder wenn, hat er es laufend in den Erwerb der jeweils neuesten Technik zu stecken -, man bemüht sich jedoch darum, wenigstens keinen Verlust mit der Einrichtung einzufahren. Sonst muss der Landkreis Gelder nachschießen, öffentliche Gelder, mit denen in Zeiten leerer Kassen entsprechend sorgfältig umgegangen wird. Ergebnisse des Wirtschaftsprüfungs-Gutachtens werden noch im Februar erwartet. Hünnekens verspricht sich davon Vorschläge in Sachen Personal, Finanzen, Organisation, Steuern und zur Rechtsform des ÜAZ: "Vor dem Hintergrund des verschärften Wettbewerbes auf dem Bildungsmarkt müssen nun auch wir zunehmend flexibel reagieren."

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