Ein bisschen Heimweh bleibt

Als Berufssoldat kam Emil Willer von Rensburg an die Mosel. Dort lernte er seine spätere Frau kennen. Nach Krieg und Gefangenschaft kehrte er nach Kesten zurück und wurde schließlich Winzer. Bis heute fühlt er sich in der Region zu Hause, auch wenn sich manchmal das Heimweh nach dem Norden bemerkbar macht.

 Emil Willer kam als junger Soldat an die Mosel und ist geblieben. TV-Foto: Christina Bents

Emil Willer kam als junger Soldat an die Mosel und ist geblieben. TV-Foto: Christina Bents

Osann-Monzel/Kesten. Emil Willer sitzt im Wohnzimmer seines Sohnes Wolfgang. Seine blauen, wachen Augen gehen zurück in die Vergangenheit. Der gebürtige Ehlersorfer, Kreis Oldenburg/Holstein, erinnert sich noch genau an die Kriegsjahre, wo er mit seinen Einheiten gelegen hat, wie die Generäle hießen und wie das Verhältnis zu seinen Kameraden war. Gerne erinnert er sich an das Jahr 1939, in dem er in Kesten einquartiert wurde. Als gelernter Huf- und Wagenschmied half er an der Mosel der Bevölkerung in der Landwirtschaft. "Die Leute waren sehr dankbar dafür und luden uns zum Kaffeetrinken am Sonntag ein. In einem Haus schmeckte der Kaffee besonders gut, denn dort habe ich meine zukünftige Frau kennen gelernt", berichtet Emil Willer.Dann erzählt er mit unverkennbar norddeutschem Dialekt von der Verlegung nach Frankreich und der Gefangenschaft in Russland. Auch während dieser Zeit hatte der regelmäßig Kontakt nach Kesten. 1943 hat Willer seine Maria geheiratet. "Ein Kollege hat uns in einer Kutsche zur Liebfrauen-Kirche in Trier gefahren, und meine Frau hatte einen wunderschönen Brautstrauß", weiß er noch heute. Die Gefangenschaft in Russland war eine schwere Zeit, in der er beim Wiederaufbau geholfen und versucht habe, seinen Mithäftlingen das Leben zu erleichtern. Norddeutsche Sturheit hat geholfen

"Nur durch meine norddeutsche Sturheit und Zähigkeit habe ich das überlebt", meint Willer. Zurück in Kesten begann er sich mit der Arbeit im Weinberg vertraut zu machen. Als Wagenbauer konnte er keine Arbeit mehr finden. "Die Boden- und Stockarbeit im Weinberg hat mir nie etwas ausgemacht, ich habe Stunden an der Weinbauschule genommen und war dem Fortschritt im Weinbau immer aufgeschlossen, so konnte ich aus den 2500 Quadratmetern Weinbergen ein Weingut machen, das heute mein Sohn bewirtschaftet", erzählt der inzwischen 93-jährige Mann, der mittlerweile bei seinem Sohn in Osann-Monzel lebt.Doch das Einleben im Ort war nicht so einfach. Als "Auswärtiger" und dazu noch evangelisch, wurde er nicht mit offenen Armen empfangen. "Aber durch die Menschenkenntnis, die ich inzwischen hatte und dadurch, dass ich aufgeschlossen war und mich angepasst habe, ging es immer besser", erklärt Emil Willer. Wenn er heute am Campingplatz in Kesten vorbei geht, schaut er als erstes auf die Autokennzeichen. Wenn er dann eins aus Schleswig-Holstein entdeckt, kommt ein bisschen Heimweh bei ihm auf. "Das Heimweh war immer da, aber ich suche Kontakt zu den Leuten und dann ist es schon wieder verflogen", sagt Emil Willer. Was ihn zudem sein ganzes Leben lang begleitete, war die Liebe zu den Pferden. Noch heute weiß er alles über Arten, Anatomie, und den Instinkt der Pferde. "Pferdeblut steckt einfach in mir drin", meint er schmunzelnd.

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